Man hat ihn perfide als achtes Weltwunder gefeiert, den U-Boot-Bunker Valentin im Norden Bremens. Errichtet wurde das gigantische Gebäude in der NS-Zeit von Tausenden von Zwangsarbeitern, viele von ihnen verloren auf der Baustelle ihr Leben. Erst 2015 wurde der »Denkort Bunker Valentin« eingeweiht. Sven Bremer, Autor unseres Bremen-Reiseführers, hat sich genauer umgesehen.
Er ist ein Koloss, er ist ein wahres Monster. Und das nicht nur aufgrund seiner enormen Ausmaße. Der Bunker Valentin im Bremer Norden, direkt an der Weser gelegen, war kein Bunker im eigentlichen Sinne. Hier planten die Nazis eine U-Boot-Fabrik. Alle drei Tage sollte eins der Kriegsschiffe vom Stapel laufen und, laut Kriegsmarine, den Zweiten Weltkrieg zugunsten der Nationalsozialisten entscheiden.
Fast fünf Fußballfelder lang ist der Bunker, 33 Meter hoch. Eine Million Tonnen Kies und Sand sowie mehr als 20.000 Tonnen Stahl wurden zwischen 1943 und 1945 darin verbaut. Ganz fertig ist er nie geworden. Im März 1945, nachdem die Briten den zu mehr als 90 Prozent beendeten Bunker bombardiert und die Bomben das Dach durchschlagen hatten, wurde der Bau endlich eingestellt.
Ein Bundeswehrdepot nach dem Zweiten Weltkrieg
Für viele der rund 10.000 Zwangsarbeiter bedeutete die Mammutbaustelle das Ende ihres Lebens. Untergebracht waren die Männer in einem unterirdischen Treibstofflager. Mehr als Tausend von ihnen starben. Sie starben aufgrund der unmenschlichen Arbeitsbedingungen, sie starben durch Willkür und Misshandlungen der NS-Wachleute, sie starben an Krankheiten oder sie starben den Hungertod. Erlöst wurden die Überlebenden durch das Kriegsende im Mai 1945. Eine Sprengung des Monstrums hat man immer wieder diskutiert, aber nie verwirklicht.
Lange moderte der graue Koloss aus Beton am Weserufer vor sich hin. Ab 1960 nutzte die Bundeswehr das Areal als Depot, ansonsten war der Bunker Valentin mehr oder minder in Vergessenheit geraten. Eine Reportage von Radio Bremen Anfang der 1980er-Jahre mit dem Titel »Keiner verlässt lebend das Lager« rückte den grauenvollen Ort wieder in die Erinnerung der Öffentlichkeit. Ein Mahnmal mit der Aufschrift »Vernichtung durch Arbeit« wurde 1983 errichtet.
Zwischen 1999 und 2004 nutzte der Bremer Theater-Regisseur Johann Kresnik die Kulisse des Bunkers als Spielort für das Stück »Die letzten Tage der Menschheit« von Karl Kraus. Mehr passierte zunächst nicht.
Der gespenstische und wichtige Ort des Gedenkens
Erst nachdem die Bundeswehr 2011 ihr Lager räumte, widmete man sich dem Bunker als Ort des Gedenkens. Bund und Land Bremen nahmen fast zwei Millionen Euro in die Hand; Ende 2015 wurde der »Denkort Bunker Valentin« eröffnet. Gespenstisch, bedrückend, aber eben auch lehrreich und informativ ist ein Rundgang im Inneren.
Historische Fotos und Aussagen von Zeitzeugen informieren an 25 Stationen über die grauenerregende Geschichte. Im Informationszentrum auf der Südseite finden Besucher in einer Ausstellung weitere Exponate zum Thema und können sich Multimedia-Guides für den Rundgang ausleihen. Zudem bieten die Macher der Gedenkstätte zahlreiche Veranstaltungen und Bildungsurlaube an, die sich in erster Linie mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinandersetzen. Eine gute Idee – in Zeiten von AFD und den Ausschreitungen in Chemnitz.
Nähere Infos
Für den Bunker Valentin werden nach Absprache sowohl individuelle als auch öffentliche Gruppenführungen (jeden So um 11 und 13.30 Uhr) angeboten (Ticket 5 €, erm. 2 €). Öffnungszeiten: Di-Fr/So 10-16 Uhr. Man erreicht den Bunker vom Bremer Hauptbahnhof mit dem Nahverkehrszug bis Bremen-Vegesack, ab dort weiter mit der Buslinie 90 bis Haltestelle »Rekumer Siel«.
Denkort Bunker Valentin, Rekumer Siel, 28777 Bremen, www.denkort-bunker-valentin.de.