1985 war eine Verlagsgrafikerin unzufrieden mit der eben gefertigten Coverdarstellung einer Europakarte für den InterRail-Reiseführer und hinterlegte – inspiriert von den unterschiedlichen Temperaturzonen – den doch sehr nackten alten Kontinent mit einem Farbverlauf, gewissermaßen der »Urregenbogen« …
Das Ganze wäre damit wahrscheinlich erledigt gewesen, wenn, ja wenn der Verlag nicht ohnehin auf der Suche nach einem unverwechselbaren Markenzeichen gewesen wäre. Und so wanderte der Europaregenbogen einfach auf den Rücken aller Bücher, die fortan den Verlag verließen. Das ist bis heute so geblieben, allen grafischen Moden zum Trotz. Wenn es also eine Konstante im Müller-Leben gibt, dann ist es der Regenbogen.
1979 One man, one book, one show: 1979 erscheint mit »Portugal« der erste Reiseführer des Verlags. Das Grundkonzept lautet »Infos von Travellern für Traveller«. Traveller, Autor, Verleger und Vertriebsmanager in einem ist Michael Müller.
1981 Der Verlag entdeckt die Vorzüge der griffigen Subheadline. »Toscana« wird untertitelt mit »Florenz – Elba – Umbrien«. Dass es auch Pläne für ein Buch »Schleswig-Holstein: Kiel – Fehmarn – Niedersachsen« gegeben hätte, ist nur ein Gerücht.
1982 Der Verlag ist noch jung und setzt auch auf die Jüngeren. Die reisen seit 1972 mit dem InterRail-Ticket für wenig Geld quer durch Europa. Das Buch zum Bahn-Angebot macht das Reisen komfortabler und beschert dem Verlag sogar seine erste Übersetzung: Nur ein Jahr nach der Veröffentlichung der deutschen Ausgabe erscheint ein schwedisches Pendant. Warum schwedisch? Ja, warum eigentlich?
1984 Erste technische Revolution: Die Texte werden ab sofort mit einer elektronischen Kugelkopfschreibmaschine geschrieben. Außer dass es keine Typenhebel mehr gibt, die sich beim heftighitzigen Schreiben unschön ineinander verhaken könnten, bietet sie noch einen zweiten immensen Vorteil: Die Adler-Triumph kann Texte speichern, wenigstens ein bisschen. Immerhin: Der Weg zur technischen Revolution Teil zwei ist damit vorgezeichnet.
1987 Zweite technische Revolution: Der Verlag stellt auf PC um und beginnt eine Liaison mit dem populärsten PC-Programm der Welt: Microsoft Word. Die Beziehung hält bis heute. Ohne Wenn und Aber.
1989 Während sich in der Welt epochale Ereignisse vollziehen, feiert der Verlag vergleichsweise still sein zehnjähriges Bestehen – und zieht um: aus der kombinierten 5-Zimmer-Schlaf-Arbeits-Wohngemeinschaft in wirkliche Büroräume mit wirklichem Firmenschild und Eintrag ins Telefonbuch.
1991 Farbe! Exakt 24 Jahre nach der Einführung des Farbfernsehens in Deutschland publiziert der Verlag seinen ersten durchgehend farbigen Reiseführer. Damit sind die Schwarz-Weiß-Bücher nicht aus dem Rennen. Es bilden sich die folgenden Formate heraus: Die großen kompendienähnlichen Reiseführer zu Ländern und touristischen »Schwergewichtsregionen« mit bis zu 800 Seiten Umfang bleiben im alten Gewand, die schmaleren 256-Seiten-Regionalreiseführer glitzern fortan bunt und farbig und erschließen so offenkundig auch neue Käuferschichten.
1997 Der Verlag geht ins Netz und schafft sich und seinen Lesern damit zusätzliche Handlungsfelder. Im Laufe der folgenden Jahre werden mehrere Internetforen eingerichtet, in denen Leser mit Lesern und/oder Autoren in Kontakt treten können. Ein regelmäßig erscheinender, per Mail zugesandter Newsletter hält die Leser über Neuentwicklungen im Verlag auf dem Laufenden. Regelmäßige Updates zu den Reisezielen schließen die Aktualitätslücken der Printprodukte.
1998 Der Sprung über den großen Teich: Mit »Ecuador« erscheint der erste Titel zu einem (süd)amerikanischen Reiseziel. Später werden sukzessive andere ausgewählte Ziele außerhalb Europas erschlossen. Dennoch konzentriert sich der Verlag weiter vorrangig auf sein Hauptbetätigungsfeld Europa und wird im Laufe der nächsten Jahre zum Marktführer in Sachen »Individualreiseführer zu europäischen Reisezielen«.
2000 Eine neue Reihe wird geboren: MM-City, in profanem Deutsch: »Städtereiseführer aus dem Michael Müller Verlag«. Aber wer möchte schon so um Kunden werben? Im ersten Durchlauf purzeln in rascher Folge die europäischen (Kultur-) Hauptstädte, später geht’s über den Atlantik nach New York und Havanna.
2001 Der Verlag wird »global positioniert«, d. h., er bedient sich fortan der Möglichkeiten, die das Global Positioning System (GPS) bietet: Wanderungen – mittlerweile fester Bestandteil der Reiseführer – werden mit GPS-Geräten aufgezeichnet und entsprechend aufbereitetem Kartenmaterial ausgestattet. Verlaufen, Orientierungslosigkeit, »Wo war nochmal …?« – alles nur noch Schatten einer düsteren Vergangenheit.
2002 Warum nicht auch über Flops sprechen? Der Verlag begibt sich hoffnungsfroh auf artfremdes Terrain und setzt auf Weinführer. Zunächst erscheinen vier Titel zu Anbaugebieten in Deutschland. Und dann … hat das Projekt seine Zukunft bereits hinter sich.
2006 Papier ist out, jedenfalls für die neue Verlagssparte »E-Books«. Die digitale Schwester der Printprodukte lässt sich bequem aufs Smartphone laden, ist mit komfortablen Suchfunktionen ausgestattet und bietet die Möglichkeit, Internetadressen unmittelbar zu öffnen, Telefonnummern direkt anzuwählen und sich den Standort von Sehenswürdigkeiten sofort auf einer Karte anzeigen zu lassen. Hightech ohne Ende also. Und das Buch? … wird auch diese Revolution überstehen.
2009 Jetzt wird’s ernst: Wandern exklusiv in einem eigenen Format mit mindestens 35 Touren pro Titel, GPS-basierten Einzelkarten, einem Übersichtsplan, Weg-Zeit-Höhen-Diagrammen und vielen Informationen rund um die Wandergebiete. Sonstige Merkmale: super-flexibel gebunden und extrem hosentaschentauglich.