WO? Landschaftspark Duisburg Nord, Emscherstr. 71 +++
WANN? Täglich rund um die Uhr geöffnet +++
WIE LANGE? Etwa 3 Stunden +++
WIE VIEL? Eintritt kostenlos, Klettertour mit dem Guide 89 Euro, Tauchen im Gasometer ab 79 Euro +++ landschaftspark.de +++
»Einfach« bedeutet in diesem Fall, in sieben Metern Höhe über Drahtseile, Bretterleitern und Fässer zu balancieren. Wir haben eine Klettertour gebucht, in einer etwas ungewöhnlichen Umgebung: Der 180 Hektar große Landschaftspark Duisburg Nord wurde auf dem Gelände eines stillgelegten Hüttenwerks angelegt. Wir befinden uns gerade in einer alten Industriehalle, die mit allerlei Schikanen für Menschen mit Mut ausgestattet ist. Eben dieser verlässt mich jedoch, als ich auf dem Drahtseil stehe, mit beiden Händen an dem anderen Seil über mir, und in den Abgrund schaue. Das Seil schwingt ganz schön, vor allem, wenn mehrere die Überquerung wagen. Natürlich haben wir vorher sorgfältigst unsere Hüftgurte kontrolliert, und natürlich sind wir bei allem gesichert, aber wer weiß schon …
und mit flauem Magen einmal quer durch die Hochofenanlage auf die andere Seite. Zurück geht es wieder balancierend über ein Drahtseil, und dann wird es richtig ernst: Das alte Gichtrohr ist die nächste Mutprobe, oben auf dem respekteinflößenden Hochofengipfel – in 60 Metern Höhe! Ich sehe die Stufen und denke nur: Gott sei Dank nicht freischwingend. Doch ich täusche mich, denn das Rohr vibriert, es ist innen komplett hohl und die Außenwand nur 4 Zentimeter dick, zudem macht es eine fiese Kurve mit freier Sicht in den Abgrund. »Das schaff ich nie« wird zum »Also gut«, denn der Gruppendruck wirkt. Wenn man einmal in den Seilen hängt, gibt es kein Zurück mehr. Immer wieder müssen die Karabiner neu eingehakt werden, 14-mal, bis der Gipfel erreicht ist. Als wir alle oben sind, klatschen wir ab und das Adrenalin wabert wohlig durch die Adern. Doch es geht weiter, zum Abschluss erwartet uns nochmals eine Steigerung: In 50 Metern Höhe stehen wir nur noch auf einem Drahtseil, ein zweites darüber in den Händen, und die rettende Plattform ist 30 Meter entfernt. Meine Beine zittern, nur nicht nach unten schauen, denke ich, kann es dann aber doch nicht lassen – Wahnsinn, diese Höhe!
Und das geht der ganzen Gruppe so. Bis gerade eben herrschte angespanntes Schweigen, plötzlich sprudeln alle über vor Begeisterung und plappern wild durcheinander. Jetzt können wir auch die Aussicht genießen und blicken über ein riesiges Gelände, das von einem grünen Gürtel umspannt wird. Wir nehmen uns vor, ihn gleich mit dem Fahrrad zu erkunden. Aber vorher müssen wir erst einmal wieder hinunterkommen. Es wird schon langsam dunkel, als wir schließlich nach einem kühlen Bier und einem Snack an der »Currybar« entspannt durch das Gelände radeln. Wir lassen uns Zeit. Und dann beginnt es auch schon, das große Kino: Oben auf den Schloten leuchten wie Heiligenscheine bunte Lichter auf, die ganze Anlage fängt an in Blau, Grün und Rot zu schillern, eine einzige bombastische Installation des britischen Designkünstlers Jonathan Park.
Der gesamte Landschaftspark ist ein riesiger Abenteuerspielplatz. Besondere Highlights: Im Möllerbunker, wo früher Koks und Eisenerze zwischengelagert wurden, ist jetzt ein Klettergarten. Und im Gasometer erstreckt sich Europas größtes Indoor-Tauchbecken, mit 45 Metern Durchmesser, 13 Metern Tiefe und allerlei versenkten Schätzen wie etwa einem Trabbi. Schnuppertaucher brauchen keinen Tauchschein.
Dies ist eines von 33 Erlebnissen in und um das Ruhrgebiet, die außergewöhnlich sind und abseits der Routen stattfinden, aufgeschrieben von Reisebuchautorin Renate Zöller. Der Artikel ist erschienen in Ruhrgebiet – Abenteuer (1. Auflage 2023) innerhalb der Reihe MM-Abenteuer.