WO? Kassenbereich Nord des Olympiastadions +++ U3/U8 Olympiazentrum +++
olympiapark.de +++ 089/30672414 +++
WANN? Fast jeden Tag, Termine auf der Website
und telefonisch buchbar +++
WIE LANGE? Etwa 2 Stunden +++
WIE VIEL? 45
Euro, Schüler und Studenten 35 Euro +++
Und immer, wenn ich zwischen Stadion, Halle und Schwimmhalle stehe, bin ich ein wenig ergriffen. Wie es wohl sein wird, wenn ich obendrauf bin? Denn dem Olympiastadion kann man aufs Dach steigen, was ich heute gemeinsam mit einer Bekannten und ihrem Neffen vorhabe. Auch sie fasziniert die Vorstellung von dieser Perspektive, die sie wie ich zum ersten Mal haben werden, obwohl beide gebürtige Münchner sind. Das Dach ist bis zu 50 Meter hoch, hinaufklettern nicht ungefährlich, trotz des festen Geländers. Aber wir müssen alles ablegen, was lose ist, nur das Mobiltelefon darf mit. In einer speziellen Hülle mit Sicherungsband. Ohne Fotos und Selfies geht es halt nicht, und Jugendliche dürfen ja nicht lange von ihrem Smartphone getrennt werden. Ebenfalls eine Sicherheitsmaßnahme.
steht das Stadion nun schon ganz schön lange und sehr imposant da. Eingangs sehen wir ein Filmchen, wie einst alles begann, als im Jahr 1966 das IOC die Olympischen Sommerspiele 1972 an München vergab und danach irgendwann die völlig irre Idee auftauchte, ein Zeltdach zu bauen. Das heute wohl nicht mehr so genehmigt werden würde, von den Kosten ganz zu schweigen. Wir legen alle ein Klettergeschirr an und bekommen »Waldi« an die Hand. So hieß einst das Olympiamaskottchen, ein bunter Hund respektive Dackel, und so heißt jetzt auch der Karabiner, mit dem wir am Sicherungsseil festgemacht werden. Den müssen wir die ganze Zeit neben uns herziehen, aber nie mit Ungeduld und roher Kraft, sondern mit Feingefühl. »Wie einen echten Dackel«, sagt Sophia, unser Guide. Und dann klettern wir über das geriffelte Gitter an der vorderen Umrandung langsam nach oben. Als über Jahrzehnte assimilierter Bürger der Stadt kenne und schätze ich den Park, von Fußballspielen, später von Konzerten. Doch auf dem Dach zu stehen ist wirklich ganz besonders. Unmittelbarer, direkt in Kontakt mit der Architektur, windiger, mit diesem Blick von hoch droben, wie vom Olympiaturm.
Erst dann konnten die Arbeiter beginnen, die Acrylglasplatten passgenau zuzuschneiden. Und das alles Anfang der 1970er-Jahre, als Computer noch Zwei-Zimmer-Wohnungen füllten und dabei weniger Rechenleistung hatten als heute manch ein handelsüblicher Toaster! Auch dazu hat Sophia eine Schnurre parat: Bundeswehrsoldaten wurden damals abkommandiert, um die Rechner mit Lochkarten zu füttern, unentwegt und tagelang. Damit diese Dachkonstruktion überhaupt halbwegs berechnet werden konnte. Deren Architekt Frei Otto stellte dazu nämlich eine Gleichung mit 100.000 Variablen auf, wie Sophia verrät. Wir schauen über die grasgrüne hügelige Parklandschaft, über all diese Pylonen, die das Zelt halten, mit ihrer unglaublichen Zugkraft (4.500 Tonnen – stärker als jede Weltraumrakete) und »diese ganze surreale Welt, die man von hier oben sieht«, wie meine Bekannte schwärmt. Aufs Dach steigen ist manchmal keine schlechte Idee.
... hat man die freie Auswahl: Spazieren im Park, ein Blick in die Schwimmhalle, Tretbootfahren auf dem See oder mit dem Expresslift auf den Turm (13/10 Euro), das höchste Bauwerk im Stadtgebiet (291 Meter). Auf der anderen Seite des Mittleren Rings kann man die zeitgenössische brutalistische Architektur des Olympischen Dorfes bestaunen, das heute ein eigener vitaler Stadtteil ist. Und nicht zu vergessen: der Erinnerungsort zum Olympia-Attentat (2017 eröffnet).
Dies ist eines von 33 Erlebnissen in München, die außergewöhnlich sind und abseits der Routen stattfinden, aufgeschrieben von Reisebuchautor Detlef Dreßlein. Der Artikel ist erschienen in München – Abenteuer (1. Auflage 2024) innerhalb der Reihe MM-Abenteuer.