WO?
Långholmsbadet, Långholmsmuren 21 +++ U-Bahn Hornstull, dann etwa
einen Kilometer zu Fuß – oder mit dem Auto bis zum Långholmen
Parkplatz, von dort sind es ca. 300 Meter +++ WANN? Nach
Sonnenuntergang (Ende Juni nach 22 Uhr, Mitte August ca. 21 Uhr) +++
WIE LANG? So lange man will (bzw. bis die Kälte einen aus dem
Wasser treibt) +++
WIE VIEL?
Kostenlos
+++
WICHTIG! Flipflops mitnehmen! +++
Stoßen sie gleich gegen einen Stein? Trete ich auf ein Tier? Vorsichtig wate ich Schritt für Schritt ins Wasser, das pechschwarz ist. Es gibt aber keinen Grund zur Beunruhigung. Nichts Unheimliches wartet unter der Oberfläche, keine Algen, keine Steine, keine fiesen Tiere. Nur feiner, weicher Sand.
Zügiger gehe ich tiefer ins Wasser, es steigt mir bis zu den Knien, dann bis zur Hüfte. Kalt ist es nicht, über 20 Grad – und damit wärmer als die Luft, die jetzt nach Sonnenuntergang an diesem Augusttag schnell abkühlt. Ich lasse mich nach vorne fallen, ziehe mit den Armen kräftig durch und schwimme los. Am gegenüberliegenden Ufer leuchten die Fenster der Hochhäuser von Marieberg, hier im Strandbad Långholmen bin ich umgeben vom Bäumen, Sandstrand und Dunkelheit.
Fast alle von ihnen haben eine herausragende Wasserqualität, so auch die Strände auf der kleinen Insel Långholmen im Nordwesten von Södermalm. Das nutzen die Stockholmer intensiv aus. An Sommertagen sind die Badestellen rappelvoll. Im Strandbad Långholmen wird es schwer, in all dem Getümmel noch ein freies Fleckchen zu finden. Nach Sonnenuntergang ist das kein Problem mehr. Wenn sich die grüne Insel allmählich schwarz färbt, wenn die wenigen Wege und Gebäude nur noch spärlich beleuchtet sind, ist die Stunde der Nachtschwärmer und -schwimmer gekommen.
Als ich um 22 Uhr ins dunkle Wasser gleite, planscht gerade ein Vater mit seinen zwei Kindern darin. Eine ältere Dame kommt mir entgegen. Weiter draußen erahne ich die Schemen von Köpfen, die aus dem Wasser ragen. Mehr ist der Schwimmer im Augenblick nicht: ein Punkt im Wasser, ganz winzig, kaum zu sehen. Verloren und doch irgendwie aufgehoben. Ich tauche ein in das nächtliche Stockholm, bin gefühlt mittendrin und doch zugleich ganz weit weg. Der Verkehr donnert über die mächtige Västerbrücke, aber er klingt gedämpft, wie ein fernes Rauschen.
schaue hinauf in den Nachthimmel, an dem sich die ersten Sterne zeigen. Von einem alten Anlegesteg klingen Stimmen und Lachen herüber. Jugendliche haben ihn für sich erobert, dem süßlichen Duft zufolge geben sie sich nicht nur dem Alkohol hin. Nach ein paar Runden geht es zurück zum Strand. Ich ertaste wieder den sandigen Boden unter meinen Füßen, steige aus dem Wasser, trockne mich ab und ärgere mich über meine Vergesslichkeit: Die Flipflops liegen im Auto, ich habe nur Turnschuhe dabei, bekomme den Sand, der an den Füßen klebt, aber nicht weg. Na ja, werden die Schuhe eben zum Sandkasten.
Zusammen mit Antje, die am Strand auf mich gewartet hat, gehe ich am Ufer entlang unter der Västerbrücke hindurch. Wir setzen uns auf einen Felsen und schauen hinüber auf die nächtliche Kulisse von Rathaus und Kungsholmen. Plötzlich raschelt es im Gebüsch. Wir zucken zusammen. Zwei Ratten springen heraus. Das Unheimliche lauert an Land, nachts auf Långholmen.
Am Strand Långholmens Klippbad im Nordosten ist das Nachtbaden genauso herrlich - hier mit Blick aufs Rathaus und Gamla Stan. Und für alle, die gleich auf der Insel übernachten wollen: Im alten Gefängnis und heutigen Hotel Vandrarhem Långholmen bucht man einen Schlafplatz in einer Zelle (siehe S. 79), Wohnmobilen steht ein Stellplatz unter der Västerbrücke (Skutskepparvägen, husbilstockholm.se) zur Verfügung – nicht ganz billig, aber in perfekter Lage.
Dies ist eines von 33 Erlebnissen in und um Stockholm, die außergewöhnlich sind und abseits der Routen stattfinden, aufgeschrieben von den Reisebuchautoren Antje und Johannes Möhler. Der Artikel ist erschienen in Stockholm – Stadtabenteuer (1. Auflage 2022) innerhalb der Reihe MM-Abenteuer.