Nachhaltig unterwegs

Teil 11: Fossilien, Kunst und ganz viel Natur
Unterwegs im Réserve Naturelle Géologique de Haute-Provence

Die Haute-Provence begeistert Reisende vor allem mit ihrer herrlichen Natur: mit leuchtenden Farben, duftendem Lavendel, tiefen Schluchten und schroffen Gebirgszügen in den Hautes-Alpes. Kein Wunder, dass ein Großteil der Landschaft unter Naturschutz steht, es handelt sich gar um das größte geologische Schutzgebiet Europas, in dem zahlreiche Fossilien gefunden wurden. Die Gegend inspirierte auch den Künstler Andy Goldsworthy, der dort mehrere Nature-Art-Kunstwerke geschaffen hat. Ralf Nestmeyer, Autor des Reiseführers Haute-Provence, ist regelmäßig in der Provence unterwegs und hat das Réserve Naturelle Géologique de Haute-Provence ausgiebig erkundet.

Autor Ralf Nestmeyer
Autor Ralf Nestmeyer

Spaziergang durch die Erdgeschichte

Das Réserve Naturelle Géologique de Haute-Provence erstreckt sich zwischen Digne-les-Bains und Barles auf einer Fläche von rund 200.000 Hektar und ist damit das größte geologische Schutzgebiet Europas. Diese Region, die einst von einem Meer bedeckt war, erzählt von gewaltigen Kräften, die vor etwa 200 Millionen Jahren die Landschaft formten: Die Kollision der europäischen und afrikanischen Kontinentalplatten führte zur Entstehung der Alpen und hinterließ eine beeindruckende Kulisse aus Falten, Verwerfungen und Gesteinsschichten.

Blick über türkisblaues Wasser auf eine wenig bewachsene Felswand.
Gefaltete Erdgeschichte – Foto: Ralf Nestmeyer

Bei einer Wanderung durch das Schutzgebiet können Besucher die Spuren verschiedener Epochen der Erdgeschichte entdecken. Vom Paläozoikum, in dem Pflanzen und einfache Lebewesen die Erde bevölkerten, über versteinerte Reptilien aus dem Mesozoikum bis hin zu Vögeln aus dem Tertiär – die Funde erzählen eine spannende Geschichte über die Evolution des Lebens.

Eine braune Felsband mit Gesteinsschichten. Im Vordergrund sind grüne Baumkronen.
Gefaltete Erdgeschichte – Foto: Ralf Nestmeyer

Ein Highlight ist der Fund eines 185 Millionen Jahre alten Ichthyosaurus, dessen 4,50 Meter langes, vollständig erhaltenes Skelett nordwestlich von Digne-les-Bains zu bestaunen ist. Die Fundstelle ist über einen markierten Wanderweg zu erreichen: Von einem Parkplatz führt ein etwa einstündiger Fußweg dorthin. Geschützt durch eine Glasplatte, ist dieses Fossil ein eindrucksvolles Zeugnis der Urzeit.

Nicht weniger spektakulär ist die Dalle à Ammonites, eine steile Felsplatte mit Hunderten fossiler Ammoniten, die sich direkt am Straßenrand außerhalb von Digne erhebt. Ein Parkplatz und ein Holzsteg ermöglichen eine bequeme Besichtigung dieser weltweit einzigartigen Fossilienansammlung. Auch andere Fundorte sind dank gut ausgeschilderter Wege problemlos zugänglich.

Das Bild zeigt eine Steinwand mit vereinzelten Ammoniten.
Faszinierend: Dalle à Ammonites – Foto: Ralf Nestmeyer

Das Musée Promenade im Géoparc informiert über das Naturschutzgebiet (geoparchauteprovence.com). Es gibt insgesamt vier verschiedene Pfade, um das Gelände zu erkunden (Sentier de l’eau etc.). Im Sommer werden auch Tages- und Halbtageswanderungen angeboten, die an mehreren faszinierenden Versteinerungen vorbeiführen.

Im Vordergrund ist eine Skulptur eines Ammoniten. Im Hintergrund erkennt man das Geländer eines Weges und Infotafeln.
Ein einzelner Ammonit – Foto: Ralf Nestmeyer

Nature Art von Andy Goldsworthy

Rund um Digne-les-Bains kann man außerdem mehrere Nature-Art-Objekte des englischen Künstlers Andy Goldsworthy besichtigen. Goldsworthy arbeitet dabei ausschließlich mit Naturmaterialien und dokumentiert seine Werke anschließend fotografisch. Ein faszinierendes Projekt, das Goldsworthy in Zusammenarbeit mit dem UNESCO-Geopark Haute-Provence und dem Gassendi-Museum von Digne-les-Bains konzipiert hat. Es gibt im Office de Tourisme in Digne oder im Musée Gassendi auch eine hervorragende Wanderkarte, mit deren Hilfe sich die Objekte leicht finden lassen. Der 150 Kilometer lange Wanderweg verknüpft auf einzigartige Weise zeitgenössische Kunst, Wandern und den Respekt für das Natur- und Kulturerbe der Haute-Provence. Goldsworthy hat einen Pfad ausgearbeitet, der alte, restaurierte Behausungen, die zum ländlichen Kulturerbe gehören (Kapellen, Bauernhöfe, Jas ...) verbindet, um Wanderer für eine Nacht zu beherbergen oder bei Regen Unterschlupf zu gewähren.

Eine Skultur aus einzelnen Steinplatten. Die Platten sind in Form eines großen Eis aufgeschichtet.
Nature Art von Andy Goldsworthy – Foto: Ralf Nestmeyer

Ein Tipp für Reisende mit wenig Zeit: Direkt an der Straße durch die Clues de Barles steht ein Sentinelle genanntes Steinkunstwerk, kurz vor der Schlucht versteckt auf der linken Seite (refugedart.fr).

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