Heute wollen wir Ihnen ein Erlebnis in Rom vorstellen. Es geht in die Katakomben – halt, stopp! Nicht in die von Busladungen heimgesuchten unterirdischen Gänge der Via Appia Antica. Sabine Becht und Sven Talaron haben in typischer Michael-Müller-Manier das unbekanntere Tuffstein-Labyrinth erkundet, genauer: die Priscilla-Katakomben. Wie es ihnen dort ergangen ist, erzählen die zwei Rom-Experten sehr launig in diesem Auszug aus Rom – Stadtabenteuer.
WO? Via Salaria 430 +++ Metro B Bologna, dann Bus 310 Priscilla (Richtung Vescovio) +++ WANN? Fr-So 9-12 Uhr und 14-17 Uhr +++ WAS? Führung, bei Bedarf auch englischsprachig, Anmeldung unter Tel. 06/45428493 oder auf catacombepriscilla.com +++ WIE LANGE? Etwa 45 Minuten +++ WIE VIEL? 8,50 Euro, ermäßigt 5,50 Euro. Es gilt der »Super Green Pass«, also 2G (geimpft oder genesen) +++ WICHTIG! Ganzjährig ist es in den Katakomben 15 Grad Celsius kalt, Jacke nicht vergessen! +++
»NO PICTURES!«, sagt uns Emanuele, als wir die vielen steilen Treppen in die Katakomben hinuntersteigen. Klar, wir begeben uns zu einem Friedhof – mit geöffneten Gräbern –, so viel Respekt sollten wir den Toten entgegenbringen, auch wenn hier kein einziger Knochen mehr zu sehen ist. Wir haben uns absichtlich für die abgelegenere der unterirdischen römischen Grabanlagen entschieden, in der Hoffnung auf weniger Leute als bei den von Busladungen heimgesuchten Katakomben an der Via Appia Antica. Zunächst scheint die Rechnung auch aufzugehen: Gemeinsam mit nur acht anderen Besuchern sitzen wir in einem fast schon historischen Warteraum und wissen auch nicht so genau, worauf wir noch warten – bis der Bus mit einer Gruppe Amerikaner kommt. Erst dann geht es los. Wenige Leute und Rom, das passt wohl einfach nicht zusammen. Zumindest nicht, wenn es sich um einen Ort von irgendwie touristischem Interesse handelt.
GANZ ROM STEHT AUF TUFFSTEIN, einem sehr stabilen Stein, in den
man dennoch leicht graben kann. Kein Wunder also, dass die Stadt in der
Antike quasi »unterkellert« wurde. Heute ist das ein Problem, das man
tagtäglich im öffentlichen Nahverkehr zu spüren bekommt: Jahrzehntelang
gab es gerade mal zwei U-Bahnlinien durch die 2,9-Millionen-Metropole,
neuerdings sind es drei. Neue Linien bauen? Fast unmöglich, die Stadt
ist ein archäologisches Minenfeld. Und das bis weit in die heutigen
Vorstädte hinein. Wie eben auch hier, in diesem so unspektakulären
modernen Wohnviertel, durch das einst die antike Salzstraße Via Salaria
in Richtung Norden führte.
Unten angekommen wird uns schnell klar,
dass wir uns in einem Labyrinth befinden. 13 Kilometer unterirdische
Gänge auf zwei Ebenen und 40.000 Gräber (!), die alle ziemlich gleich
aussehen – hier wollen wir auf keinen Fall verloren gehen! Rechts,
links, ein paar Stufen hinunter und wieder links folgen wir unserem
Guide möglichst dicht auf den Fersen, der sich in den Katakomben
wahrscheinlich auch im Schlaf zurechtfinden würde. Na ja, ein paar
Touristen habe er schon mal verloren, erzählt er augenzwinkernd – aber
am Ende dann doch wieder eingesammelt.
ENTDECKT WURDEN DIE KATAKOMBEN Ende des 16. Jahrhunderts, benannt
sind sie nach ihrer Stifterin Priscilla, deren Familie im Besitz des
hiesigen Grundstücks war. Innerhalb der Stadtmauern durfte im Alten Rom
niemand begraben werden, und so wuchsen die Katakomben im Lauf der
Jahrhunderte zu immer größeren unterirdischen Friedhöfen an – gestorben
wird schließlich immer. Entgegen allen Klischees waren die Grabanlagen
aber keineswegs geheim, erklärt der Guide und führt uns zum Highlight
unseres Rundgangs: der Cappella Greca, einer Kapelle mit bunten Fresken,
die zumeist Szenen aus dem Alten Testament zeigen. Und ein Stück weiter
ganz klein in einem Deckenfresko eine Madonna mit Kind aus der Zeit um
ca. 230 bis 240 n. Chr. – es soll sich um das älteste Fresko einer
Madonna überhaupt handeln!
Andächtig schweigend folgen wir Emanuele
auf seinem versierten, ach was: traumwandlerischen Zickzackkurs zurück.
Als die Busgruppe Amerikaner und auch wir wieder oben sind, schließt er
ab. Wir sind uns sicher, dass er heimlich durchgezählt hat. Damit
niemand verloren geht.
WENN MAN SCHON MAL HIER IST: Wer ein paar Meter die Straße stadteinwärts geht, findet auf der gegenüberliegenden Seite der Via Salaria auf Höhe des Zebrastreifens in der Mauer einen Eingang zu dem wunderbar ruhigen Park Villa Ada. Pensionäre gehen hier mit ihren Hunden spazieren, Jogger drehen auf Kieswegen ihre Runden, Enten paddeln über kleine Teiche. Platz ist genug: Nach der Villa Doria Pamphilj ist dieser Park die zweitgrößte Grünanlage der Stadt.
Und hier können Sie direkt in die Leseprobe aus dem Buch reinschauen: