Die norwegische Hauptstadt hat sich in ihrer tausendjährigen Geschichte schon mehrfach neu erfunden. Gerade durchläuft sie wieder eine Transformation hin zur Kulturstadt mit Megamuseen und modernster Architektur. Unter den Top Ten von Lisa Arnold, der Autorin unseres Reiseführers MM-City Oslo, sind aber nicht nur Neueröffnungen, sondern auch gemütliche Viertel und historische Sehenswürdigkeiten.
Der Skulpturenpark im Stadtteil Frogner bietet bei freiem Eintritt Kultur vom Feinsten. Es gibt über 200 Figuren zu sehen, die allesamt vom namensgebenden Bildhauer Gustav Vigeland (1869–1943) stammen. Ihm ist es gelungen, die Freuden und Sorgen der Menschen in dynamisch wirkenden Skulpturen einzufangen. Als Betrachter kann man sich mit vielen der Werke identifizieren. Noch dazu ist die grüne Umgebung reizvoll angelegt. Ein Muss, auch bei Regenwetter!
Es ist heute schwer vorstellbar, aber die dem Wasser zugewandte Seite der norwegischen Hauptstadt war bis vor etwa 25 Jahren durch Containerhafen und Schnellstraßen vom Uferbereich abgeschnitten. Doch dank dem Stadtentwicklungsprojekt „Fjord City“ ist das Ufer wieder für Fußgänger zugänglich. Über die neue Uferpromenade kann man über neun Kilometer ununterbrochen am Wasser entlanglaufen.
Was sich für viele Besucher eigenartig anfühlt: Es gibt keine Altstadt in Oslo und damit keinen „Mittelpunkt“, von dem aus die verschiedenen Viertel organisch gewachsen wären. Oslo ist nämlich im Laufe seiner Geschichte zweimal umgezogen. Was einem historischen Kern am nächsten kommt, ist das auf dem Reißbrett geplante Viertel Kvadraturen. Im Jahr 1624 soll der damalige König Christian IV. gesagt haben: „Hier soll meine Stadt liegen.“ Dabei zeigte er auf den Boden, woran eine fotogene Skulptur mit Springbrunnen am Christiania Torv erinnert.
Während in anderen europäischen Städten die Altstadt der Ort zum Flanieren und Verweilen ist, dient in Oslo die moderne Seestadt Aker Brygge als Treff- und Anziehungspunkt. Dort kann man einkaufen, in verschiedensten Lokalen einkehren und durch ruhige Gassen schlendern, die mit allerlei Kunst im öffentlichen Raum geschmückt sind. Die vorgelagerte Insel Tjuvholmen gehört ebenfalls zu diesem ganzheitlich angelegten urbanen Projekt.
Gleich in der Nähe von Aker Brygge befindet sich das neue Nationalmuseum, das erst 2022 eröffnet wurde. Dort werden die Höhepunkte der norwegischen Kunstgeschichte unter einem Dach versammelt, zusammen mit Design und Kunsthandwerk. Es ist das größte Kunstmuseum in ganz Nordeuropa. Dementsprechend viel Zeit sollte für den Besuch eingeplant werden.
Auch das Museum zu Ehren des bekannten norwegischen Malers und Grafikers Edvard Munch (1863–1944) ist erst 2021 in ein neues, spektakuläres Gebäude umgezogen, einen 13-stöckigen Bau am Wasser, der schon jetzt Wahrzeichencharakter hat. Unter den rund 200 ausgestellten Werken aus der Sammlung mit abertausend Gemälden und Grafiken befindet sich stets mindestens eine Version des „Schreis“.
Norwegen hat mehrere Polarforscher und Entdecker hervorgebracht, darunter Fridtjof Nansen (1861–1930). Dieser stach 1883 in See, und zwar auf dem stärksten Holzschiff der Welt: der „Fram“. Sie wurde von den Eismassen am Nordpol nicht zerdrückt, sondern angehoben und mitgetragen. Das Fram-Museum auf der Halbinsel Bygdøy zeigt das faszinierende Schiff in all seiner Pracht und erzählt mitreißende und auch tragische Geschichten aus der Welt der Polarforschung.
Oslo verdankt seine Entwicklung der Lage am Wasser – genauer gesagt der Lage an der Mündung des Flusses Akerselva in den Oslofjord. Rund um den Hauptbahnhof ist der Fluss überbaut, weswegen man ihn im Zentrum gar nicht bemerkt. Aber etwas weiter nördlich zeigt er sich umso rauschender: Da gibt es die reißenden Wasserfälle namens Vøyenfallene, umgeben von grünen Parkstreifen. Und Industriedenkmäler erinnern an die frühe Nutzung der Wasserkraft. Es bietet sich ein Spaziergang von der Metrostation Grønland bis zur Brücke Beierbrua an (etwa drei Kilometer).
Nach der kleinen urbanen Wanderung am Fluss Akerselva kann man im angrenzenden Viertel Grünerløkka gleich wieder in quirliges Stadtleben eintauchen. Dort reihen sich auf den beiden parallel verlaufenden Straßen Markveien und Thorvald Meyers Gate viele bunte Geschäfte und beliebte Gaststätten aneinander.
Oslo hat gleich zwei royale Bauten: die historische Festung Akershus mit dem gleichnamigen Schloss aus dem 17. Jahrhundert und das 1848 fertiggestellte Schloss im klassizistischen Stil. Letzteres liegt am Ende der Flaniermeile Karl Johans Gate und dient dem norwegischen König noch immer als Hauptresidenz. Deswegen kommen Touristen leider nur im Sommer hinein: Im Juli und August werden Führungen angeboten.