Was verbirgt sich hinter den »Geschlechtertürmen«? Was ist das »Milchschwammerl«? Und wussten Sie, dass man in Regensburg hervorragend französisch essen kann? Christoph Schmidt, Autor des brandneuen MM-City Regensburg, verrät in seiner Top-Ten-Liste, wo es ihm in der bayerischen Welterbe-Stadt am besten gefällt, wo man die schönste Aussicht über die Donau hat und wo man die Seele besonders gut baumeln lassen kann.
Platz eins gebührt der Altstadt als Ganzem. Sie ist von der UNESCO 2006 zum Welterbe erklärt worden, weil sie so perfekt die historische Entwicklung einer Stadt zeigt und bewahrt – vom römischen Legionslager über die mittelalterliche Stadt der Kaufleute bis zur Domstadt. Aber Regensburg ist kein Museum, in dem um 18 Uhr das Licht ausgeht, sondern eine junge, internationale Stadt mit vielen Sehenswürdigkeiten, mit einer vielfältigen Kneipen- und Restaurantszene, individuellen und schicken Läden … und vielen Menschen. Schlendern Sie durch schmale Gassen und über trubelige Plätze, schauen Sie von einem Café oder von der Brücke aus dem Treiben zu … es ist das Flair der Stadt, das fasziniert.
Blickt man die lange Reihe der mächtigen Bögen entlang, wird klar: Die Steinerne Brücke ist große Ingenieurskunst. Fast 900 Jahre alt, über 300 Meter lang, überspannt sie die Donau und die zwei Inseln. Über Jahrhunderte war sie die einzige Brücke zwischen Ulm und Wien, sie war Dreh- und Angelpunkt der Stadt. Heute ist sie natürlich der touristische Hotspot schlechthin. Aber wenn man ins Schauen kommt, egal ob auf das Stadtpanorama, die grünen Wörth-Inseln oder einfach nur auf die träge Strömung der Donau, vergisst man den Trubel.
Regensburg hat etwas, das es in keiner deutschen Stadt mehr gibt: die sogenannten Geschlechtertürme. Vergleichbares findet man erst wieder in Italien – ein Grund, warum man Regensburg »die nördlichste Stadt Italiens« nennt. Was das ist, ein Geschlechterturm? Die reichen Kaufmannsfamilien (»Geschlecht« ist ein altes Wort für Familie) des Mittelalters schmückten ihre Stadtpaläste mit immer höheren Türmen, die keinen anderen Zweck hatten, als Macht und Reichtum der Besitzer zu demonstrieren. Eine ganze Reihe dieser Wolkenkratzer des Mittelalters gibt es noch in Regensburg, der höchste unter ihnen ist der Goldene Turm mit 52 Metern.
Auch wenn man kein Architekturfan ist, der hier die perfekten Formen der französischen Kathedralgotik bewundert, muss man unbedingt mal in den Dom hinein: seine rundum farbigen Glasfenster – davon über 1000 Scheiben noch original aus dem Mittelalter! – tauchen den Raum in mystisches Licht, vor allem am Morgen, wenn die Sonne durch die »gläserne Wand“ des Chors scheint. Und falls das nicht reicht, um sich gut zu fühlen: Das Lächeln des Verkündigungsengels macht immer gute Laune.
Für die vielen Gassen, die da alte und auch neue Shopping-Viertel bilden, soll hier die Kramgasse stehen, zwischen Domplatz und Rathaus. Mit den Domtürmen im Rücken taucht man in die enge, dunkle, aber lebendige Gasse ein und ist sofort in der mittelalterlichen Stadt, zumindest fühlt es sich so an. »Inter Utensilias«, „bei den nützlichen Dingen«, hieß diese Gegend hier. Heute sind es eher die schönen Dinge, die man in den Schaufenstern auf beiden Seiten bewundern kann – und das, ohne die die Straßenseite zu wechseln! Nur nebenbei: Die Kramgasse ist nicht etwa die schmalste Gasse der Stadt …
Das größte Kloster der Stadt war einst eine Welt für sich. Heute sind es zwei Welten: Zum einen gibt es dort die großartige Klosterkirche, deren 1000-jährige Geschichte in der Kunst der Gebrüder Asam gipfelt. Zum anderen Schloss Emmeram, das aus den Klostergebäuden entstand und heute eines der größten bewohnten Schlösser Europas ist, Wohnsitz der Familie von Thurn und Taxis. Die Besichtigung führt durch 200 Jahre aristokratischer Repräsentation.
Eine breite, lange und kerzengerade Straße, gerahmt von stattlichen Wirts- und Bürgerhäusern – augenscheinlich ist man in einer anderen Stadt. Stadtamhof auf der anderen Seite der Donau ist tatsächlich erst seit gut 100 Jahren Teil von Regensburg, es war jahrhundertelang die bayerische Konkurrenz zur selbstständigen Reichsstadt. Auch wenn die Feindschaft vorbei ist, ein bisschen was anderes ist man hier schon … und will es auch sein! Wenn man schon auf der Brücke steht, unbedingt hinüber: Stadtamhof ist die paar Schritte allemal wert.
Eigentlich sollte es hier um die Parks gehen, die wie ein breites Band die Altstadt im Süden umschließen (Pendant im Norden sind die Donauinseln). Der Herzogpark im Westen ist für mich der schönste. Aber in die Top Ten muss das »Milchschwammerl«, ein uriges, fliegenpilzförmiges Caféhäuschen an der Kreuzung zwischen der Allee, die die Parks durchzieht, und der Fußgängereinflugschneise zwischen Bahnhof und Stadt. Hier mit einem Espresso in der Hand den hastenden Werktätigen nachzuschauen, ist Urlaub pur.
Ein Biergarten muss sein, schließlich sind wir in Bayern. Auswahl gibt es genug, auch jenseits der Altstadt. Aber vielleicht möchte man das Stadtpanorama und die Brücke auch mal im Sitzen genießen. Hier ist der Ort dafür: In der Kombination von Atmosphäre, gutem Bier und grandioser Aussicht über die Donau hinweg ist die »Alte Linde« auf der Donauinsel Oberer Wöhrd einfach top.
Nach vielen, vielen Kilometern und ebenso vielen Eindrücken quälen Hunger und Durst, und irgendwo möchte man ja den Tag auch ausklingen lassen. Möglichkeiten gibt es viele, aber in die Hitliste gehört das »Orphée«! Vor langer, langer Zeit (45 Jahre) aus der Studentenkneipenszene erwachsen, ist dieses »originalste französische Bistro östlich des Rheins« heute eine Institution, ein Muss. Egal ob für ein Frühstück, einen Aperitif oder ein üppiges Menü am Abend. Wer es dann noch jünger und bunter mag, kann den Tag ja einige Schritte weiter in der Bonbon-bunten Weinbar »Tipsy« des Sternekochs Anton Schmaus beschließen (und damit haben wir die Nummer zehneinhalb untergemogelt).