Abenteuer erleben

Teil 29: Zum Dinner bei Céline
Einladung in eine Pariser Privatwohnung

Autorin Birgit Holzer<br>
Autorin Birgit Holzer

+++Steckbrief+++

WO? Überall in der Stadt +++ de.eatwith.com +++
WANN? Je nach Angebot und Buchung +++
WIE LANGE? 2 bis 4 Stunden +++
WIE VIEL? Preis durchschnittlich 50 Euro +++ Angebote und Buchung unter eatwith.com +++

Illustration von zwei Händen, die eine Pralinenschachtel übergeben.
Illustration: Mirja Schellbach

Heute bin ich bei Céline eingeladen,

das heißt: Ich habe mich selbst bei ihr eingeladen. Soll ich ein Gastgeschenk mitbringen? Eine Flasche Wein, einen Strauß Blumen? Ist das angemessen, wo ich doch für meinen Besuch bezahlt habe? Man bringt schließlich auch kein Geschenk mit, wenn man ins Restaurant geht. Aber es handelt sich eben nicht um ein Restaurant: Céline ist Französin, Hobbyköchin und hat sich auf der Internetseite eatwith angemeldet, um Gäste aus aller Welt zum Essen zu empfangen. Ich wiederum bin neugierig, eine Pariser Wohnung von innen zu sehen, ein »typisch französisches« Dinner zu probieren und internationale Bekanntschaften zu schließen. Unter all den Angeboten, die von einem gemütlichen Brunch bis zu gemeinsamem Crêpes-Backen reichen, sprach mich das von Céline besonders an.

Ein Teller ist mit verschiedenen Käsesorten belebt, daneben liegen Baguettestücke.
Schmackhafte Käseplatte – Foto: Birgit Holzer

Mit einer Packung Pralinen in der Hand

gebe ich vor ihrer Haustüre in der Nähe des Ostbahnhofs den in Paris üblichen Türcode ein, den ich vorab erhalten habe. Dann klingele ich, um durch die zweite Türe zu gelangen, steige die schmalen Treppenstufen in den fünften Stock hinauf – und da steht meine Gastgeberin mit einem breiten Strahlen. »Welcome! Bonsoir! Please come in!«, begrüßt mich Céline auf Englisch mit französischem Akzent. Zwei weitere Gäste warten schon in ihrer Dachwohnung: Katy und Johnny aus Hawaii, jeweils ein Champagnerglas in der Hand. Sie sind schon länger in Europa unterwegs und haben genug davon, in Touristenfallen zu stolpern. Wenigstens einmal wollten sie dinieren wie die Franzosen. An der Bar, wo wir den Aperitif einnehmen, hat Céline Kerzen angezündet, Oliven und Chips hingestellt. In Frankreich wärmt man sich bei Small Talk und Häppchen auf, bevor es zu Tisch geht, mag der Magen noch so knurren. Wir reden über Frankreich, Deutschland, Hawaii – und vor allem: über Essen. Irgendwann öffnet Céline eine Flasche Weißwein, bittet uns an den kleinen, sorgsam gedeckten Tisch und bringt Gänsestopfleber (Foie gras) mit Baguette.

Illustration von verschiedenen Käsesorten, Trauben und Walnüssen.
Illustration: Mirja Schellbach

Inzwischen sprechen wir über Klischees,

über vermeintlich überpünktliche Deutsche, scheinbar oberflächliche Amerikaner und angeblich arrogante Franzosen. Bald macht Céline noch eine Flasche auf, dieses Mal Rotwein, zu dem sie sehr leckere gebratene Entenbrust mit Kartoffeln und Gemüse serviert. Hunger kann es nicht sein, der uns später dazu treibt, auch bei der Käseplatte zuzugreifen: Camembert, Ziegenkäse, Comté-Hartkäse. Wir diskutieren über das Flirtverhalten der Franzosen – mit fortgeschrittener Stunde werden wir immer lauter und lockerer. Es geht schon auf Mitternacht zu, als Céline mit dem letzten Gang herausrückt, einem Schokoladenkuchen mit flüssigem Kern namens Fondant au chocolat. Wie die Franzosen es schaffen, trotz solcher Schlemmervorlieben zu den schlankesten Völkern der Welt zu gehören, ist mir schleierhaft. Lautstark diskutieren wir dieses Thema, während Céline Kräutertee zum Verdauen kocht. Als wir spät in der Nacht auseinandergehen, haben wir unsere E-Mail-Adressen ausgetauscht – und nicht nur gut gegessen, sondern auch das Gefühl, neue Freunde gefunden zu haben.

Im Vordergrund steht ein Weißweinglas, dahinter ist eine Häuserfront an einer belebten Straße in Paris.
Belebte Straßenecke – Foto: Birgit Holzer

Wenn man schon mal hier ist:

Lange galt die Rue Saint-Denis eher als düstere Gegend, dominiert von Zuhältern, Prostituierten und deren Kunden. Doch inzwischen wurde der Pariser Straßenstrich weitgehend verdrängt – von reihenweise Cafés und Restaurants, auch in der Verlängerung der Straße, der Rue du Faubourg Saint-Denis Richtung Ostbahnhof. In einem der multikulturellsten Stadtviertel bleibt es zu fast jeder Tages- und Nachtstunde lebendig.

Dies ist eines von 33 Erlebnissen in Paris, die außergewöhnlich sind und abseits der Routen stattfinden, aufgeschrieben von Journalistin und Reisebuchautorin Birgit Holzer. Der Artikel ist erschienen in Paris – Stadtabenteuer innerhalb der Reihe MM-Abenteuer.

Passend dazu