Wie wird man Kulturhauptstadt?

Wie wird man Kulturhauptstadt?

<br>

Als Nürnberger und Autor eines Nürnberg Reiseführers habe ich diese Entscheidung allerdings mit einem weinenden Auge zur Kenntnis genommen und mich gefragt, welche Kriterien bei der Bewerbung um den Titel den Ausschlag gegeben haben könnten? Zweifel, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist, hat die Süddeutsche Zeitung in ihrem Artikel vom 3. Dezember 2020 geäußert. Von Beratern, die gleich für mehrere Städte gleichzeitig gearbeitet haben, ist da die Rede. Von Interessenskonflikten und ziemlich hohen Beraterhonoraren …

Ein Rückblick: Auf Vorschlag der damaligen griechischen Kulturministerin Melina Mercouri wird seit 1985 jedes Jahr eine Stadt – seit 1999 meist mindestens zwei Städte – zur Kulturhauptstadt gekürt. Dies waren in der Anfangszeit meist Metropolen wie Athen, FlorenzLissabon oder Paris, später kamen dann noch Riga, Marseille oder Breslau hinzu. Mit anderen Worten: Kulturstädte, die über jeden Zweifel erhaben waren und über die es im Programm des Michael-Müller-Verlags meist auch einen City-Guide gibt.

Die Nürnberger Altstadt (Foto: Ralf Nestmeyer)<br>
Die Nürnberger Altstadt (Foto: Ralf Nestmeyer)

Doch in den letzten Jahren hat sich der Fokus der Expertenjury beträchtlich verschoben. Vor allem Städte aus der 3. und 4. Reihe durften sich mit diesem Titel schmücken, so das belgische Mons, das zypriotische Paphos oder das italienische Matera. Nein, ich will jetzt nicht die kulturelle Bedeutung dieser Städte in Frage stellen, doch spielen sie, was die Kulturlandschaft betrifft in einer ganz anderen Liga als Barcelona, Toulouse, Oslo oder Split – alles Städte, die es bisher nicht in den erlesenen Kreis geschafft haben.

Und wenn ich jetzt einen Blick in die Zukunft werfe und lese, wer in den nächsten Jahren die Kulturhauptstadt Europas sein wird, dann treibt es mir die Sorgenfalten auf die Stirn.

Ansbach (Foto: Ralf Nestmeyer)<br>
Ansbach (Foto: Ralf Nestmeyer)

Was hat Bad Ischl was Nürnberg nicht hat?

Wie konnte die Wahl auf Eleusis (2021) oder Etsch an der Alzette (2022) fallen? Getoppt wird das allerdings durch die Entscheidung für Bad Ischl für das Jahr 2024. Der österreichische Kurort im Salzkammergut hat 14.000 Einwohner und sicherlich eine bewegte Geschichte mit dem einen oder anderen Kulturdenkmal, aber reicht das wirklich, um den Titel Kulturhauptstadt Europas zu tragen? Wird der Titel durch eine solche Wahl nicht konterkariert?

Wolframs-Eschenbach (Foto: Ralf Nestmeyer)
Wolframs-Eschenbach (Foto: Ralf Nestmeyer)

Andererseits kann sich Franken, wenn im Jahr 2040 Deutschland erneut die europäische Kulturhauptstadt stellen darf, auch wieder bewerben. Nein, dieses Mal nicht mit Nürnberg, sondern vielleicht mit Ansbach, Weißenburg oder mit Wolframs-Eschenbach? Alle drei Städte werden bei der Expertenjury sicherlich gute Chancen auf den prestigeträchtigen Titel haben …

Weißenburg (Foto: Ralf Nestmeyer)
Weißenburg (Foto: Ralf Nestmeyer)

Passend dazu