Der Verfasser des Reisehandbuchs zu Ecuador (4. Auflage) betreibt seit Jahren eine Reiseagentur vor Ort. Mit viel Humor beschreibt er die groteske Wahl eines neuen Präsidenten, die die amerikanischen Election Meetings noch übertrifft. Vorhang auf für die Realsatire von Volker Feser!
Eine Präsidentschaftswahl bürgt in Ecuador doch immer wieder für tierischen Unterhaltungswert. Dagegen tun mir meine Freunde im wenn auch noch so zooreichen Deutschland richtig leid. Außer über Angelas Frisur haben sie im kabarettistisch-politischen Sinne herzlich wenig zu lachen. In einer vor Erdöl sprudelnden Bananenrepublik hingegen, wo freie Wahlen lediglich dazu beitragen, den gewaltigen, alle Lebensbereiche erfassenden Korruptionsapparat zu nähren, wo Demokratie nichts weiter bedeutet, als so vielen Langohren wie möglich so viel Bienenhonig wie nötig ums Maul zu schmieren, besteht zumindest die Option, sich wiehernd vor Lachkrämpfen fast ins Jenseits zu kringeln. Ich sage »fast«, denn keiner der Aspiranten vermochte die absolute Mehrheit zu erreichen, um das Votum sozusagen im Galopp zu entscheiden. Dafür wären mindestens 40 % der Stimmen bei gleichzeitig 10 % Vorsprung vor dem Zweitplazierten nötig! Je näher jetzt freilich die Stichwahl kommt, desto animalischer auch die Schlammschlacht.
Populistische Kontrahenten einer absurden Politlandschaft
Unter den 17 angetretenen Kandidaten befanden sich so tropisch exotische Gestalten wie ein machetenschwingender Haudegen im nostalgischen Rebellen-Look des auslaufenden 19. Jahrhunderts oder ein vollbusiges lassoschwingendes Ex-Model mit knackig zugeknöpfter, luzidweisser Bluse, die für tiefverwurzelte christliche Sichtweisen, für mehr Moral und gegen allzu blöde Blondinenwitze plädierte. Für die Stichwahl am 26. November sind jedoch ausgerechnet die beiden populistischsten Kontrahenten dieser aasig absurden Politlandschaft übriggeblieben: mit 28 % der rechtsgerichtete Firmenmagnat Alvaro Noboa, einziger Milliardär Ecuadors, und wegen seines watschelnden Ganges im Volksmund auch »El Pingüino« genannt, sowie mit 22 % der smarte linksgerichtete Frauenliebling und Hugo Chávez-Verehrer Rafael Correa, dessen herausfordend extrabreites Grinsen selbst eine gspaßige Erdkröte in Angst und Schrecken versetzen könnte.
Auf den Bildschirmen bilden derweil extrem langbeinige Funkenmariechen mit roten Haarschleifen einen aufreizend faunischen Hintergrund zu den Schreitiraden des närrischen Bananenkönigs Noboa (babadubidu). Dieser verkündet täglich tausend neue Häuser für arme Familien erbauen zu wollen, während sein Widersacher lediglich »gefälschte Lacoste Leiberl zur Schau« trage und »überhaupt kein einziges Haus besitzt, da seine Ex ihm dies ja schließlich weggenommen hat«. Hahaha, da lachen vor allem die halbnackten Tanzhühnchen in Fischnetzstrümpfen, während der vor Tränen gerührte »Gottgesandte« Matrazen, Rollstühle und gebündelte Dollarnoten verschenkt. Manchmal streckt er gar eine sicherlich aus Versehen und vielleicht vom Hotelnachttischkästchen entwendete Mormonenbibel anstatt der richtigen Heiligen Schrift in den Himmel. Nicht gerade ein kleiner Fauxpas im römisch-katholischen Ecuador! Da wurde der Spaßvogel zum dummen August – und der für den Ausrutscher verantwortliche Wahlkampfstratege mit extralangen Bananenschalen ausgepeitscht.
Löwenbaby mit Riesenschlange
Der Globalisierungsgegner und Anti-Gringo Correa interpretiert hingegen ständig ein Video, in dem sich ein neugieriges Löwenbaby einer gefährlichen, am Boden kauernden Riesenschlange nähert. Als der Leoncito zu nahe kommt, springt ihm das Reptil mit weit aufgerissenem Rachen in Zeitlupenraffer mitten ins Gesicht. Ein blutiger Schriftzug warnt: »NO BOA NO!« Correa, der noch junge unerschrockene König im Tierreich, verspricht im gleichen Atemzug die US-Militärbasis lediglich beizubehalten, wenn den Ekuadorianern im Gegenzug ein Stützpunkt im sonnigen Florida zugestanden würde. Auf die Frage eines neugierigen Journalisten, ob er denn gar keine Angst habe, dass bei seinem Wahlsieg die Auslandsinvestitionen drastisch zurückgehen könnten, fauchte er lediglich: »Zum Teufel mit den Schmiergeldern!« Sein Markenzeichen ist verständlicherweise eine »Correa« aus Leder, genauer gesagt sein »Hosengürtel«, den er bei besonders kämpferischen Veranstaltungen abschnallt, um auf skrupellose Ausbeuter, das Mikrofon und leider auch die prallen Hinterbacken der extra langbeinigen Haarschleifchentöchter einzupeitschen. Umfragen wie Gerüchten zufolge, sollen »No-Boa« und seine Mädels jedoch die Nase vorn haben, denn der wahre Herrscher des Dschungels heißt schließlich nicht Kaa sondern King Louie – der mit der halbierten Kokosnussschale auf dem Haupt! Dieser droht inzwischen damit, das »kommunistische Gürteltier« ein für allemal »nach Kuba zu schicken, wo es für zwölf Dollar Monatslohn schuften darf«. Und Bananen, die gäbe es dort schon gar nicht!