Ein Artikel von Michael Bussmann und Gabriele Tröger, den Autoren unseres Handbuchs zur »Türkei«. Die beiden Reiseautoren Michael Bussmann und Gabriele Tröger gewähren einen Blick hinter die Kulissen eines nicht immer einfachen Metiers.
»Kolay gelsin!« (»Möge es leicht fallen!«) sagt man in der Türkei, wenn man »Frohes Schaffen!« wünscht. Geschafft ist es, das wohl derzeit umfassendste Türkei-Handbuch auf dem deutschen Reiseführermarkt. Ob und wie leicht es uns gefallen ist, ist da schon die andere Frage. Ein paar von 1001 Anekdoten aus der Recherchezeit:
»Uzun ve ince bir yoldayiz« (»Wir sind auf einem langen und schmalen Weg«) heißt ein populärer türkischer Schlager. Auch wir konnten davon ein Lied singen. Die Türkei ist gut doppelt so groß wie Deutschland, über 1.600 km lang und bis zu 600 km breit. Wer von Wien nach Istanbul fährt, hat einen kürzeren Weg vor sich als ein Türke von Istanbul in den entferntesten Zipfel seines Landes. Rund sechs Monate hat die Recherche vor Ort gedauert. Rund 30.000 Straßenkilometer haben wir in der Türkei zurückgelegt (und das mit unserem 30 Jahre alten Mercedes 220 D/8). Etwa 2.700 Liter Diesel haben wir verbraucht, mindestens einen Werkstattaufenthalt pro Woche erlebt und gelernt was »Scheinwerfer«, »Bremsklotz«, »Zylinderkopfdichtung«, »Lenkstange« oder »Radaufhängung« auf Türkisch heißt …
»Yagmur yagdi, böyle oldu« (»Es hat geregnet, und so ist es gekommen«) lautet der geflügelte Zaubersatz, mit dem Türken von der verpatzten Prüfung bis zum Seitensprung nahezu alles entschuldigen. Ein schöner Satz, mit dem auch wir unser teilweise recht graues Bildmaterial vor den Layoutern rechtfertigen mussten. Doch was will man fotografieren, wenn man zu jenen Pechvögeln gehört, die – gleichgültig wo auf der Welt – unterm Regenschirm stehen, wenn anderswo die Sonne aus einem wolkenlosen Himmel strahlt? Dass vor Nässe tropfende Esel an der Schwarzmeerküste, in Decken gehüllte Urlauber am Strand von Side oder im Nebel verschwundene Marktstände nicht gerade die Lust zum Reisen ankurbeln, konnten wir uns bestens vorstellen. Doch es hat eben geregnet, und so ist es gekommen.
»Bahsis« (»Trinkgeld«) gibt man in der Türkei nicht nur Kellnern und Zimmermädchen, sondern an allen Ecken und Enden – an selbst ernannte Führer, für einen Fingerzeig in die (ohnehin) falsche Richtung, für eine kleine abseitige Information und und und. Zum schönsten Ergebnis führte eine kleine Spende an kurdische Ziegenhirten vor dem mächtigen Ararat (siehe Titelbild des Buch Covers). Für ein paar Millionen Lira jagten sie ihre Herde einmal durch den Fluss und wieder zurück – sie hatten ihren Spaß und wir endlich ein paar grandiose Fotos!
Mimar Sinan hieß der größte türkische Baumeister aller Zeiten. Er lebte im 16. Jh. und errichtete die imposantesten Moscheen des Landes. So manch türkischer Architekt von heute täte gut daran, sich ein Scheibchen von Sinan abzuschneiden. Da gibt es zum Beispiel ein relativ neues Vier-Sterne-Hotel in Iskenderun. Dessen Zimmerdecken sind so niedrig, dass man als Mitteleuropäer von normaler Statur geduckt laufen muss. An die sieben Freunde von Schneewittchen erinnerte man sich wohl auch beim Bau eines Hotels im westanatolischen Burdur – sowohl Waschbecken als auch Lichtschalter wurden da in Kniehöhe angebracht. Und der Erbauer einer mittelsauberen Absteige in Milas muss aus Schilda stammen: Er dachte zwar an einen Balkon, nicht aber an die Tür dazu, so dass man durch das Fenster auf denselbigen klettern muss.