Ein Artikel von Barbara Reiter, der Autorin des Reiseführers »Wachau, Wald- und Weinviertel« (zusammen mit Michael Wistuba). Sie informiert über die Beliebtheit der österreichischen Regionen Wachau, Wald- und Weinviertel bei Film- und TV-Produzenten und inspizierte für uns einzelne Drehorte genauer.
Niederösterreich, das ist die Gegend um die österreichische Hauptstadt Wien, zählt mit seinen Landstrichen zu den beliebtesten Schauplätzen deutschsprachiger Film- und Fernsehproduktionen. In der Nachkriegszeit waren es Heimatfilme wie »Mariandl« und »Sissi«, in den 1990ern TV-Serien wie »Die Donauprinzessin« und »Julia« und in den letzten Jahren Produktionen wie die Reality-Show »Die Burg«, die Verfilmung von Henning Mankells »Die Rückkehr des Tanzlehrers« und Friedrich Schillers »Kabale und Liebe«, welche die Gegend als Kulisse nutzten und so die Region werbewirksam ins Bild rückten.
Als besonders attraktiv für die Produzenten erwies sich das niederösterreichische Donautal und seine schönsten Abschnitte, der Nibelungengau und die Wachau. Letztere erstreckt sich zwischen dem prächtigen Stift Melk und der alten Weinstadt Krems an der Donau und ist von Weinterrassen und alten Burgen und Burgruinen wie Dürnstein und Aggstein gesäumt. Im Jahr 2000 wurde sie zum Weltkulturerbe ernannt, seit über 70 Jahren ist sie als Kulisse geschätzt. Schon 1933 entstand hier Willi Forsts »Leise flehen meine Lieder«, ein österreichischer Filmklassiker rund um das Liebesleben des Komponisten Franz Schubert. 1947 begann mit »Der Hofrat Geiger« (mit Hans Moser, Waltraut Haas, u.a.) und seinem berühmten Mariandl-Lied die Ära der Heimatfilme aus der Wachau. Der Drehort Spitz an der Donau hält die Erinnerung daran mit Lokal und Hotel »Mariandl« bis heute wach. Mitte der 1950er Jahre erreichte die Wachau als Filmschauplatz ihren Höhepunkt. Gut ein Dutzend Werke entstanden und sollten neben ihrer zweifellos unterhaltenden Komponente auch Werbespot für die Region sein: So durchquerte Romy Schneider 1955 als »Sissi« huldvoll winkend die Wachau per Schiff, 1957 sorgten die Kessler- und Günther-Zwillinge in »Vier Mädels aus der Wachau« für Verwirrung.
Über 30 Jahre nach Ende der Heimatfilm-Welle erinnerte sich Erfolgs-Produzent Wolfgang Rademann an die ehemals so beliebte Region Wachau-Nibelungengau. 1992 ließ er hier das Flusskreuzfahrtschiff »Die Donauprinzessin« vom Stapel und verfilmte 12 Episoden mit Oliver Tobias als Kapitän und Gaby Dohm als Gräfin vom Schlosshotel Wachau. Als Kulisse diente Schloss Artstetten, der im Nibelungengau gelegene einstige Wohnsitz von Thronfolger Franz Ferdinand, der heute mit interessanten Ausstellungen über das Leben des 1914 in Sarajewo ermordeten Thronfolgers Besucher anlockt (www.schloss-artstetten.at). 2003 verfilmte Rademann eine Folge der ZDF/ORF-Serie »Der Ferienarzt in der Wachau« im malerischen Städtchen Dürnstein in der Wachau, wo er René Steinke, den Cop aus »Alarm für Cobra 11« ordinieren ließ. 2004 dienten Dürnstein und die malerische Altstadt von Krems-Stein an der Donau abermals als Kulisse für eine romantische Liebesgeschichte. Es handelte sich um die moderne Fassung des Rühmann-Klassikers »Wenn der Vater mit dem Sohne« mit Erol Sander und Barbara Wussow in den Hauptrollen, die erstmals zu Ostern 2005 die Zuschauer von ARD und ORF erfreute.
Seit Ende der 1990er Jahre wurden auch die beiden nördlich der Donau gelegenen Regionen, das Wald- und Weinviertel, bei Filmproduzenten immer beliebter. Die malerische Weinviertler Stadt Retz und seine Weinlandschaft mit den idyllischen Kellergassen waren 1998-2000 Drehort für alle fünf Staffeln der TV-Serie »Julia – eine ungewöhnliche Frau«, in der Christiane Hörbiger die Bezirksrichterin Dr. Julia Laubach mimte. Das dottergelbe Rathaus auf dem schönen Retzer Hauptplatz musste dabei als Gerichtsgebäude herhalten. Von dem Tourismusboom, der damit ausgelöst wurde, profitiert die nah an der tschechischen Grenze gelegene Stadt bis heute (www.weinstadt-retz.at). Die südöstlich von Retz gelegenen Pulkautaler Weinorte Alberndorf, Untermarkersdorf, Hadres und Obritz dienten mit ihren Kellergassen 2001-03 als Schauplätze für die Verfilmung der Kriminalromane von Alfred Komarek rund um den Landgendarm Simon Polt. In vier Folgen konnte der Reiz des Weinviertels in allen vier Jahreszeiten dargestellt werden.
Im Waldviertel, jener an den Norden gemahnenden Landschaft mit ihren dunkelgrünen Wäldern, Teichen und Mooren, verfilmte Carl Spiehs für ORF und ARD im Herbst 2003 Teile des in Schweden spielenden Henning-Mankell-Krimis »Die Rückkehr des Tanzlehrers« mit Maximilian Schell, Veronica Ferres und Tobias Moretti. Auf der Suche nach einer Location für ihre Reality-Show »Die Burg« wurde PRO 7 im Jahre 2005 ebenfalls im Waldviertel fündig: Burg Rappottenstein inmitten einer unberührten, waldreichen Landschaft gilt als eine der am besten erhaltenen Mittelalterburgen Österreichs und kann von April bis Oktober besichtigt werden (www.burg-rappottenstein.at).
Aus Anlass des Schiller-Jahres 2005 drehte Leander Haußmann im Retzer Land, und auf den Waldviertler Schlössern Greillenstein und Riegersburg für ZDF, ARTE und ORF das Drama »Kabale und Liebe«. Der hochkarätig mit Götz George, August Diehl und Katja Flint besetzte Film war Ende 2006 erstmals im TV zu sehen. Gleich mehrere Preise bei den Internationalen Filmfestspielen von Berlin 2008 heimste das 2007 im Wald- und Weinviertel gedrehte Drama »Revanche« des österreichischen Regisseurs Götz Spielmann ein, dem die einsamen Dörfer und entlegenen Ecken der Region ideale Kulisse für seine eindrucksvollen Landschaftsaufnahmen waren.