Lübeck liegt am Meer, Mainz ist die Hauptstadt der Fastnacht. Doch Düsseldorf? Braucht es wirklich einen Reiseführer zu Düsseldorf? Ja, den braucht es! Vor allem, wenn ihn eine uns lange verbundene Hausautorin geschrieben hat: Annette Krus-Bonazza. Die leidenschaftliche Reisejournalistin lebt in Bochum und ist im 50 km entfernten Nachbarort in die Haut einer professionellen Städteurlauberin geschlüpft. Herausgekommen ist ein sehr gut gemachter Reiseführer über eine weitere »Minimetropole« – und eine spannende Düsseldorf-Top Ten für unseren Newsletter.
Beliebte Flussflaniermeile: die Rheinuferpromenade
Auf der Rheinuferpromenade »durchläuft« man gleichsam Düsseldorfs Stadtgeschichte und genießt dabei obendrein die Aussicht auf den »wunderschönen deutschen Rhein«. Die elegante Flussflaniermeile verbindet Düsseldorfs mittelalterlichen Stadtkern mit Schlossturm und Lambertuskirche und den architektonisch avantgardistischen Medienhafen; dessen vom Rheinturm überragte imposante Silhouette hat man auf ganzer Strecke im Visier. Flankiert von den Oberkasseler Gründerzeitvillen am gegenüberliegenden Ufer und eskortiert von Frachtschiffen und Ausflugsdampfern, passiert man außerdem die historische Schaltzentrale der inzwischen aufgelösten Mannesmann AG von der vorletzten Jahrhundertwende nebst gläsernen Verwaltungsturm aus neuerer wirtschaftswunderbarer Zeit und erreicht schließlich den nordrhein-westfälischen Landtag.
Mit dem runden Neubau für das Landesparlament begann in den 1980er Jahren der für die Jahrtausendwende angestrebte Um- und Ausbau des ausgedienten Industrie- zum innovativen Medienhafen. Er wirkt heute wie ein Freilichtmuseum zeitgenössischer Baukunst und macht vermutlich genau deshalb weltweit Furore. Dank effektvoller Beleuchtung seiner »Exponate«, darunter z. B. die eigenwilligen Gehry-Bauten des gleichnamigen kanadischen Stararchitekten, ist ein Spaziergang über die Rheinuferpromenade auch nach Sonnenuntergang überaus attraktiv.
Nachtleben: Im Kreuzherreneck
Das Kreuzherreneck, 1954 als »Schnapsausschank Kreuzherrenecke« eröffnet, seither kaum verändert und von Insidern nach dem früheren Wirt »Bobby« genannt, ist für mich der schönste Platz an der »längsten Theke der Welt«, wie die Düsseldorfer Altstadt wegen ihrer knapp 300 Brauhäuser, Clubs und Kneipen gern genannt wird.
Zu den Stammkunden der schummerig-schönen Kneipe, die nur von schmalen, von Schülern und Lehrern der nahen Kunstakademie bemalten Fensterchen belichtet wird, gehörten einst Grass, Beuys und Immendorff. Obwohl das Kreuzherreneck, wo Altbier vom Fass und selbstgemachte Schnäpse wie der berühmt-berüchtigte Salmiaki im Ausschank sind, kaum 30 Quadratmeter misst, wird dort bisweilen eine kleine Bühne für (Rock-)Konzerte aufgebaut und nicht nur an den tollen Karnevalstagen auch gern einmal ausgelassen getanzt.
So-Do 17-1 Uhr, Fr/Sa bis 5 Uhr. Altestadt 14, kreuzherrenecke.blogspot.de.
Shopping: Die Kö – schicke Läden, schöne Menschen
Auch wenn man sich die neuesten Kreationen von Armani, Chanel oder Dior nicht leisten will oder gar nicht für Mode erwärmen kann, gehört ein Bummel über die Königsallee einfach dazu!
Düsseldorfs Prachtstraße, im Volksmund Kö, gehört zu den nobelsten Einkaufs- und Flaniermeilen Europas und wird von den Flagship-Stores internationaler Designer, schicken Cafés und Clubs, geschichtsträchtigen Nobelherbergen, historischen und zeitgenössischen Architekturjuwelen wie dem Kaufhof an der Kö vom Wiener Jugendstilarchitekten Joseph Maria Olbrich oder Daniel Libeskinds Kö-Bogen gesäumt. Außerdem wird sie von einem mehrfach dekorativ überbrückten Wasserlauf namens Kö-Graben durchflossen, an dessen Ufern üppige Kastanienbäume Schatten spenden.
Da auf der Kö tatsächlich überdurchschnittlich viele vornehm gewandete Herrschaften flanieren und Luxuslimousinen verkehren, wird Düsseldorf seinem Schickimicki-Image hier wie nirgendwo sonst in der Stadt gerecht. Allerdings gibt es auch dort für Normalverdiener erschwingliche Läden und Lokale, wobei eine süße Kostprobe aus der Düsseldorfer Traditionskonditorei Heinemann (Königsallee 30) einfach drin sein sollte.
Szeneviertel mit proletarischer Tradition: Flingern-Nord
In Flingern-Nord und insbesondere in der Ackerstraße gefallen kleine Läden, Werkstätten, Ateliers, Cafés und Restaurants, in denen junge Maler, Mode- und Möbeldesigner, Galeristen und Gastronomen kreativ sind.
Bei Plup (Ackerstr. 168 b) staunt man über reizende Kinderkleidchen aus Opas Schlafanzügen, im Atelier URSBOB (Ackerstr. 191) entwirft und näht Ulla Meiners ebenso schlichte wie originelle Damenmode und bei Perlenreich (Ackerstr. 191) gibt’s Perlen und Schmucksteine in allen Formen und Farben.
Im gemütlichen Café Hüftgold (Ackerstr. 113) serviert man leckeren selbstgebackenen Kuchen und den Kaffee in alten Sammeltassen, im Okra (Ackerstr. 119) isst man afrikanisch, im Hashi (Ackerstr. 182) panasiatisch und in der Fritte (Ackerstr. 181) Currywurst und Pommes ohne Reue, weil hier alles bio ist.
Am Wochenende wird in der Trinkhalle (Ackerstr. 144) in Wohnzimmeratmosphäre zu Soul, Funk und Hip-Hop getanzt und auf der Kleinkunstbühne Theater FLINgern (Ackerstr. 144) produzieren sich Schauspieler und Kabarettisten.
Seit die alten Ladenlokale von Flingern-Nord auf diese freundlich-bunte Weise revitalisiert wurden, mauserte sich das einst industriegraue Arbeiterquartier zum bunten Szeneviertel, dessen Häuser und Wohnungen allerdings nun sukzessive luxussaniert und teuer vermietet oder verkauft werden, wodurch die unfreiwilligen Wegbereiter der nicht für alle segensreichen Gentrifizierung hoffentlich nicht bald das Nachsehen haben.
Nostalgischer Stadtteil mit Sternerestaurant: Kaiserswerth
Nicht nur, weil dort unmittelbar am Rheinufer die stattlichen Ruinen einer mittelalterlichen Kaiserpfalz zu bewundern sind, in denen einst berühmte gekrönte Häupter wie Friedrich Barbarossa rasteten, lohnt sich ein Ausflug nach Kaiserswerth. Auch eine Einkehr neben dem geschichtsträchtigen Gemäuer in der Galerie Burghof (Burgallee 1, tägl. 11-1 Uhr), einem schönen Gartenlokal mit Rheinblick, ist eine höchst angenehme Angelegenheit.
Da der Stadtteil ganz generell mit gut erhaltener historischer Bausubstanz glänzt, punktet er zusätzlich mit viel romantisch-nostalgischem Flair und nicht zuletzt durch Jean-Claude Bourgueils Sternerestaurant Im Schiffchen in einem schmucken barocken Bürgerhaus am Kaiserswerther Markt 9. Di-Sa ab 19 Uhr, im-schiffchen.com.
Museum: Der Kunstpalast im Ehrenhof
Im Museum Kunstpalast im Ehrenhof ist ein Querschnitt von all dem zu bestaunen, was in Düsseldorf im Laufe der Jahrhunderte gesammelt, gemalt, gemeißelt, montiert und installiert wurde, darunter Originale von Rubens, die Werke der Düsseldorfer Malerschule und »Fettiges« von Joseph Beuys.
Spektakuläre Sonderausstellungen ergänzen das illustre hauseigene Repertoire, so dass Kunstkenner sowieso und selbst Kunstbanausen staunen werden, zumal das Ganze in einem eindrucksvollen architektonischen Ensemble aus den 1920er Jahren präsentiert wird.
Di-So 11-18 Uhr, 12 € inklusive Sonderausstellung. Ehrenhof 4-5, www.smkp.de.
Lesevergnügen im Kneipendunst: Literaturhandlung Müller & Böhm
In der Bolker Straße, wo heute gern bierselige Männerhorden von Kneipe zu Kneipe ziehen, wurde im Haus Nr. 53 im Jahre 1797 Düsseldorfs größter Dichtersohn geboren. Und es würde Heinrich Heine sicher gefallen, dass das Ehepaar Rudolf Müller und Selinde Böhm in seinem Elternhaus eine auf belletristische Literatur kaprizierte Buchhandlung betreibt und regelmäßig zu Lesungen namhafter in- und ausländischer Autoren einlädt. Ob sie die schönste der Welt ist, wie kein Geringerer als Cees Nooteboom einmal geschwärmt hat, vermag ich nicht zu beurteilen, zu den Top Ten von Düsseldorf gehört sie für mich aber auf jeden Fall.
Mo-Fr 10-19 Uhr, Sa bis 17 Uhr. Bolker Str. 53, www.literaturmueller.de.
Essen & Trinken: Mama Lisi
Der Nordosten von Düsseldorf war wirtschaftlich bis vor gut zehn Jahren von der Gerresheimer Glashütte geprägt, die um 1900 die weltweit größte Produktionsstätte für Hohlglas war und seit den 1960er Jahren überdurchschnittlich viele italienische »Gastarbeiter« beschäftigte. Viele von ihnen verlegten ihren Lebensmittelpunkt inzwischen nach Gerresheim.
Um ihren Landsleuten das Heimweh ein wenig zu vertreiben, eröffnete »Mama Lisi« im Jahre 1965 hier ein kleines gleichnamiges Restaurant, das nach ihrer Rückkehr nach Apulien in ihrem kulinarischen Sinne von ihren Kindern und Kindeskindern weitergeführt wird, so dass in dem gemütlichen Restaurant nach wie vor leckere süditalienische Spezialitäten auf den Tisch kommen.
Mo/Di/Do/Fr 11.30-14.30 und 17.30-22.30 Uhr, Sa/So geht es schon um 11.30 Uhr los. Nachtigallstr. 3, Tel. 0211/287698; man sollte reservieren.
Erleben: Fernöstliches Flair im EKO-Haus
Wem die Liebe zu Japan v. a. durch den Magen geht, findet in und um die Immermannstraße in Düsseldorfs Stadtmitte eine stattliche Auswahl an Restaurants.
Wer tieferen Einblick in das kulturelle und religiöse Leben einer der größten japanischen Communitys Europas gewinnen möchte, möge das EKO-Haus im linksrheinischen Stadtteil Niederkassel besuchen. Dort wandert man durch einen herrlichen japanischen Garten zu einem buddhistischen Tempel hinauf, neben dem ein Wohnhaus im typischen japanischen Baustil (wieder) aufgebaut wurde. Wer sich vorher anmeldet, kann an einer traditionellen Teezeremonie teilnehmen.
Di-So 13-17 Uhr, 2,50 €, Teezeremonien durchschnittlich an einem Samstag im Monat nach Voranmeldung. Brüggener Weg 6, www.eko-haus.de.
Saisonales Highlight: Kunstakademierundgang
Dass die Karnevalshochburg Düsseldorf zur »fünften Jahreszeit« eine Reise wert ist, gleicht schon fast einer Binsenweisheit. Dass nahezu zeitgleich alljährlich im Februar die Kunstakademie zum sogenannten Akademierundgang einlädt, dürfte weniger bekannt sein.
Dort bietet sich dann die einmalige Gelegenheit, in der weltweit renommierten Talentschmiede für bildende Künstler angesichts der Werke der jeweiligen Abschlussjahrgänge den Puls der künstlerischen Zeit zu spüren und vielleicht sogar den einen oder anderen großen Meister der Zukunft zu entdecken …
Der Termin für den Akademierundgang im Februar 2016 ist noch nicht bekannt; er wird rechtzeitig auf der Homepage der Akademie veröffentlicht. In der Regel finden die Rundgänge mittwochs bis sonntags zwischen 10 und 18 Uhr statt, Eintritt frei, keine Anmeldung nötig, www.kunstakademie-duesseldorf.de.