Wer die Top Ten von Dorothea Martin liest, hat Lust auf New York. Selbst diejenigen, die sich als Big Apple-Experten bezeichnen, werden noch einen geheimen Tipp entdecken, gefolgt vom »neuesten heißen Scheiß«, den es nur hier gibt: in der aufregendsten aller möglichen Metropolen. Oder wissen Sie, wie ein Raindrop Cake schmeckt, wo man eines der letzten Speakeasys findet (in denen zu Zeiten der Prohibition der begehrte Stoff ausgeschenkt wurde), wer die musikalischen Stars von morgen werden und auf welchen Dächern die urbanen Gemüsefelder in den Himmel wachsen?
Weltbewegend: Das National September 11 Memorial and Museum
Seit mehr als 15 Jahren lastet dieses Datum wie ein Fluch auf der Menschheit: der 11. September 2001. Bei dem Terroranschlag auf New York City und Washington DC verloren fast 3000 Menschen ihr Leben – und das Ereignis wirft bis heute lange Schatten. Es hat nicht nur Downtown Manhattan geprägt, es hat Amerika verändert und am Ende vielleicht sogar zu einer neuen Weltordnung geführt. Wer weiß, ob es ohne dieses Attentat die Irak-Kriege, den sogenannten Islamischen Staat oder einen Donald Trump als Präsidenten der Vereinigten Staaten gegeben hätte. Auch mich haben recht gemischte Gefühle beschlichen, wie die Nation diesem hochpolitischen Anschlag und zutiefst privaten Trauma am Ort der Katastrophe gedenken würde.
Gute 13 Jahre dauerte das lange Ringen um ein geeignetes Konzept, und das Ergebnis kommt, wie ich finde, ohne verstörend nationalistischen Pathos und heroische Verklärung aus. Genauso wenig wurden Befürchtungen wahr, dass ein zweites Disneyland entstehen könnte. Vielmehr stehen hier, tief unterhalb von Ground Zero, die herzergreifenden Geschichten der Opfer und Überlebenden im Mittelpunkt. Schon Barack Obama war bei der Eröffnung des Museums vor rund drei Jahren zu Tränen gerührt, als er über ein rotes Tuch erzählte, das sorgsam gefaltet in einer der Vitrinen liegt. Es gehörte dem 24 Jahre jungen Bankangestellten Welles Crowther, der es sich um Mund und Nase gebunden hatte, während er immer wieder in den brennenden Turm 2 zurückkehrte, um fast ein Dutzend Menschen durch den Qualm und die Hitze unversehrt hinaus zu geleiten. Er selbst kam in den Trümmern um.
Dann steht man bewegt vor ein Paar staubigen Damenschuhen, die die Überlebende Florence Jones im Treppenhaus zurückließ, um die 77 Etagen schneller von ihrem Büro hinab in Sicherheit laufen zu können. Die demolierte Armbanduhr blieb wohl stehen, nachdem ihr Besitzer Todd Beamer, Passagier von Flug 93, seine Mitreisenden mit dem Zuruf »Let’s Roll« zum Widerstand gegen die Entführer und Terroristen aufgefordert hatte, und das Flugzeug deshalb bereits über Pennsylvania abstürzte – anstatt sein Ziel in Washington zu erreichen …
Neben all dem Grauen, das sich durch die Präsentation von fast 10.000 großer und kleiner Objekte und Reliquien, Augenzeugenberichten und Filmen entfaltet, verlässt man diese gigantische Felskammer in den Fundamenten der Zwillingstürme nach vielen Stunden demütig und voller Trauer, gleichzeitig aber auch voller Bewunderung für den Mut Einzelner und voller Zuversicht in das Gute im Menschen, das sich während der Katastrophe gezeigt hat.
So-Do 9-20 Uhr, Fr/Sa bis 21 Uhr, Eintritt $ 24, www.911memorial.org.
Kathedrale des Kommerzes: die Lobby des Woolworth Building
Auf dem Bürgersteig des Broadways versammelt sich eine kleine Menschentraube vor der Hausnummer 233, einer reich ornamentierten Terracotta-Fassade. Die Leute warten auf ihren Guide, denn durch die Drehtür und an den Sicherheitsbeamten vorbei darf nur ins Innere des Woolworth Buildings, wer hier wohnt, arbeitet oder eben eine Führung gebucht hat. Möglich ist die Besichtigung erst seit wenigen Jahren, was von der Enkelin des Architekten Cass Gilbert eingefädelt wurde, die sich darüber ärgerte, dass das Meisterwerk ihres Opas ein Schattendasein fristete. Nun also dürfen Neugierige per Führung in den Prachtbau, der am 24. April 1913 seine Eröffnung feierte und aus der Gründerzeit der modernen New Yorker Architektur stammt.
Das 241 Meter hohe Gebäude war vom Kaufhausmilliardär Frank Winfield Woolworth als Firmenzentrale und Aushängeschild für sein Discounter-Imperium geplant. Es war explizit sein Architekt, der die Vision von einem byzantinischen Dom hatte und umsetzte. Darum gibt es kaum einen Spitznamen, der besser für den Skyscraper passen würde als dieser: »Kathedrale des Kommerzes«.
Tatsächlich erinnert im Innern vieles an ein opulentes Gotteshaus, in dem jedes Fleckchen und jedes Eckchen kunstvoll verziert ist. Majestätische Marmorsäulen und grandiose Bögen lenken den Blick geschickt nach oben zu prächtigen Marmormosaiken, deren Vorbilder in der Basilika in Ravenna zu finden sind. Oberhalb der breiten Treppe gibt es ein orange-gelb beleuchtetes Deckenfenster von Tiffany, das wie ein Kirchenfenster aussieht und genauso gut aus der Kathedrale von Chartres stammen könnte. Im Stil der Renaissance prangt in luftiger Höhe ein Triptychon am Innenbalkon, das die Götter der Arbeit und des Handels ehrt. Und mit ein wenig Fantasie könnte man die hölzernen Aufzüge sogar für katholische Beichtstühle halten …
Wie in einer gotischen Kirche wurden fast alle Säulen und Nischen dekoriert, mit Vögeln und Eichhörnchen und mit grotesken Figuren, die an Wasserspeier erinnern. Sie zeigen die am Bau des Woolworth Building beteiligten Herren, ganz prominent natürlich den Architekten, der sein damals höchstes Hochhaus der Welt als Modell in den Händen hält, sowie den milliardenschweren Bauherren selbst, der seine Pennys, Nickels und Dimes zählt.
Nicht nur wollte Frank Woolworth Konsumgüter für den kleinen Bürger erschwinglich machen, er wollte seine Kunden auch an seinem sagenhaften Reichtum teilhaben lassen – zugegeben, auch um marktwirtschaflich-umsatzsteigerndes Kalkül ging es … Deshalb gab es einen direkten U-Bahn-Zugang zum Gebäude, und im anschließenden Durchgang Shopping-Arkaden. Die vielen witzigen Details in der Lobby waren dazu gemacht, den Woolworth-Kunden ihren Besuch so unterhaltsam, amüsant und erlebnisreich wie möglich zu gestalten: mission accomplished! Selbst mehr als 100 Jahre später hat diese herrliche Lobby nichts von ihrem »Wow-Effekt« auf den staunenden Besucher verloren.
30-, 60- und 90minütige Führungen. Mo-Sa, $ 20-45. woolworthtours.com.
Interaktive Bühnenshow: Das Theaterspektakel Sleep No More
Manhattans Theaterwelt, der Broadway, steht synonym für Musicals. Keine Frage, ihre Ausstattung ist verschwenderisch, die Akteure sind weltklasse, und doch bleibt ein Musical eben ein Musical. Experimentierfreudige Theaterfreunde könnten in New York mal was Anderes ausprobieren und einem Trend folgen: dem Mitmachtheater. Seit einigen Jahren sind nämlich interaktive Shows, Dinnervorführungen und »lebensechte« Theaterstücke en vogue.
So hat es zum Beispiel das Musical »Natasha, Pierre & The Great Comet of 1812« vom Off-Theater ins Lampenlicht geschafft. Diese Pop-Oper, frei nach Leo Tolstois »Krieg und Frieden«, sucht den engen Kontakt zum Zuschauer, der mit auf der Bühne oder im Orchestergraben sitzen darf. »Accomplice« ist eine dreistündige Schnitzeljagd im Freien, die sich Abenteuer-Theater nennt und irgendwo zwischen Aufführung, Spiel und Stadtführung angesiedelt ist. Besonders anspruchsvoll ist das Theaterstück »Sleep No More« der britischen Kompanie Punchdrunk, das nach Szenen aus Shakespeares »Macbeth« verläuft.
Hier muss sich der Zuschauer die fragmentierte Handlung in einem labyrinthartigen Gebäude selbst zusammensuchen. Dabei haben die aktiven Zuschauer Redeverbot und tragen die ganze Zeit weiße Masken, während sie über vier düstere Etagen den Handlungsfetzen hinterherjagen. Die rund 100 Zimmer sind im Stil der 1930er-Jahre eher bizarr ausgestattet und mit düsteren Klangteppichen versehen; die Akteure spielen ihre Szenen in unterschiedlichen Räumen aus. Man weiß jedoch nie, wo wann welche Handlungsstränge stattfinden, die mitunter brutal, mitunter sexy, oft getanzt und meist skurril sind. So kommt es, dass man als Beobachter manche Darbietungen mehrmals, andere eventuell gar nicht sieht, so sehr man auch versucht, den Schauspielern durch das Gebäude zu folgen. Das erklärt, warum jeder der etwa 200 Besucher an diesem Abend seine ureigene, ganz individuelle Theatererfahrung macht und dabei zum Mitgestalter des Erlebten wird.
Natasha, Pierre & The Great Comet of 1812 im Imperial Theater, greatcometbroadway.com.
Accomplice The Show, Adventure-Theater, Accomplicetheshow.com.
Sleep No More, The McKittrick Hotel, 530 W 27th Street, www.sleepnomore.com.
Kunst und après Kunst mit Aussicht: Das Metropolitan Museum of Art
Auch in Sachen Kunst gilt New York City als führend, in Sachen zeitgenössischer Kunst gar als der wichtigste Umschlagplatz der Welt. Hier vertreten die weltbekanntesten Galeristen die klingendsten Namen, und einige der um die 200 Kunstmuseen gehören zu den berühmtesten der Welt. Es kann einem aber schon ganz schön den Spaß verderben, dass der kommerzielle Kunstbetrieb inzwischen ein Milliardengeschäft ist, denn das bedeutet oft lange Schlangen, vor allem bei MoMa, Guggenheim oder Whitney. Dazu kommt der schmerzlich tiefe Griff ins Portemonnaie.
Nicht so beim Metropolitan Museum of Art. Das Traditionshaus auf der Museumsmeile ist das meistbesuchte und das größte Museum der Stadt. Trotzdem spürt man die rund 5 Millionen Besucher, die im Jahr so kommen, hier kaum. Auf den 16 ha Ausstellungsfläche verlaufen sich die Massen schnell, und bei einer 5000 Jahre währenden Zeitspanne durch alle Regionen der Welt setzt jeder seine eigenen Prioritäten. Was niemand vom »Met« an die große Glocke hängt: der Eintritt ins Museum besteht lediglich aus einer Spende und gilt gleichzeitig für die Mittelalterabteilung im Norden Manhattans (The Cloisters) sowie die Ausstellung zur modernen und zeitgenössischen Kunst im Met Breuer.
Wenn man deshalb noch ein paar Dollar übrig hat, kann man sich für einen actiongeladenen Tag auf der herrlichen Dachterrasse bei der »après Kunst« belohnen: Mit einem Drink in der Hand lässt sich der Ausblick über den Central Park und die Skyline von Midtown Manhattan genial genießen.
Metropolitan Museum of Art, So-Do 10-17.30 Uhr, Fr/Sa 10-21 Uhr, www.metmuseum.org.
Dem kulinarischen Zeitgeist auf der Spur: der Smorgasburg Market
Der New Yorker lebt schnell und langweilt sich noch schneller. Wohl deshalb sind die Manhattanites besonders aufgeschlossen für Experimente jeder Art. Das gilt auch und vor allem fürs Essen, wo seit vielen Jahren Bekanntes wild gekreuzt und mit Unbekanntem variiert wird.
Wer im Big Apple lebt, für den sind Cronuts (Mischung aus Croissant und Donut), Cragels (Mischung aus Croissant und Bagel), Bruffins (Mischung aus Brioche und Muffin) oder Ramen Burger (anstatt zwischen zwei Brötchenhälften kommt der Fleischklops zwischen japanische Nudelplatten) längst ein alter Hut. Ob nun Rotwein mit heißer Schokolade gemischt wird oder mega Milchshakes mit bunten Perlen den Zuckerspiegel in unermessliche Höhen treiben: Wer wissen möchte, was die Zukunft kulinarisch bringt, erfährt es als Erstes in New York.
Das größte Experimentierfeld der Stadt ist der Smorgasburg Market in Brooklyn, dessen Namen »eine Mischung aus Essen« bedeutet. Die Betreiber von mehr als hundert Food-Veräußerern servieren internationale Snacks aus Trucks, Kisten oder Zelten heraus und liefern sich dabei ein permanentes Rennen um die schrägsten gastronomischen Einfälle. Jede Saison wird ein neuer Hype kreiert, derzeit sind das zum Beispiel die »Raindrop Cakes«, ein japanischer Nachtisch, der dank des Einsatzes von gezuckerter Gelatine aussieht wie ein Regentropfen. Durchgestartet ist auch die »Mozz Bomb«, frischer Büffelmozzarella, der per Injektionsspritze mit einem Pesto aus organischen Zutaten gefüllt und auf einem Salatbett serviert wird. Für zwischendurch eignen sich die mit Sesamkörner panierten Schottischen Eier, die japanisch (Hühnchen und Sojasoße), mexikanisch (Chorizowurst und Avocadosalsa) oder mediterran (Lamm und Joghurtsoße) gewürzt werden.
Ich für meinen Teil muss zwar nicht jeden Quatsch mitmachen, aber bei so viel Abwechslung vor der Nase bekommt man einfach Lust, so viel wie möglich auszuprobieren. Das scheint fast allen Marktbesuchern so zu gehen, darum ist man mit bis zu 10.000 Gleichgesinnten am Markttag leider auch nicht allein …
April-November Samstag 11-18, Uhr East River State Park, Kent Avenue. Sonntag 11-18 Uhr, Prospect Park in Breeze Hill. Smorgasburg.com.
Grüne Revolution: Die Grange Farm auf einer Schiffswerft in Brooklyn
Bleiben wir beim Kulinarischen, denn ein Gericht kann nur so gut sein wie seine Zutaten. Das bedeutet, je lokaler und frischer die Produkte daherkommen, desto besser ist es. So nutzte die Bewegung des »urban farming« in New York anfangs vor allem leerstehende Grundstücke, um über 500 Community-Gärten mit Obst- und Gemüseanbau sowie Bienenzucht zu beackern. Viele davon bestehen noch heute in Stadtteilen wie dem East Village und Brooklyn (und sind mit Führungen zu besichtigen). Bald waren die meisten eher kleinen Brachen jedoch bepflanzt, und so begaben sich die Gärtner aus Platzmangel hinauf auf die Dächer. In kleinem Rahmen zunächst, doch bald dachten die ersten big.
Eine geniale Gelegenheit bot sich dem Landschaftsplaner Ben Flanner in Brooklyn. Da bezahlbarer Raum für erfindungsreiche kleine und mittlere Unternehmen wegen der hohen Immobilienpreise immer seltener wird, wurde die ehemalige militärische Schiffswerft am East River in ein Gewerbegebiet von 126 ha verwandelt, wo sich viele kreative Zukunftsbranchen und Vordenker in Sachen Nachhaltigkeit eingemietet haben. Auf dem Dach eines riesigen Werftgebäudes gründete Flanner 2010 die Grange Farm, heute eines der populärsten Unternehmen des Navy Yard und mit 6000 qm Dachfläche das größte urbane Farmprojekt der Welt.
Inzwischen hat sich auch für diesen Pionier und Idealisten der kommerzielle Erfolg eingestellt: Die Ernte der Grange Farm wird über Super- und Wochenmärkte in der Nachbarschaft verkauft. Es werden Workshops angeboten und Essen veranstaltet, wo Gemüse die Stars sind, die fast von der Speisekarte verschwunden waren, weil sie die langen Transportwege und Lagerungen nicht verkraftetet hatten.
Zusätzlich unterstützt Brooklyn Grange in Kooperation mit dem Refugee and Immigrant Fund Flüchtlinge und Einwanderer, die nach einer Ausbildung ihr kulturelles und landwirtschaftliches Wissen einbringen können. All dies und noch viel mehr erfahren Besucher während einer etwa 45-minütigen Führung.
Führungen Community Gardens durch das Museum of Reclaimed Urban Space, www.morusnyc.org.
Führungen Grange Farm, Mai-Oktober Montag 10 und 11.30 Uhr, $ 10. Der kostenlose »open day« der Grange Farm in Long Island City in Queens ist Samstag 11-16 Uhr, Führungen dort Donnerstag 10 und 11.30 Uhr. www.brooklyngrangefarm.com.
Trinkkultur im Verborgenen: The Back Room
Fast jeder liebt ein Geheimnis, und wir alle können nur schwer widerstehen, wenn etwas nicht leicht zu haben ist. Vielleicht erklärt das die ungebrochene Beliebtheit, derer sich die versteckte Kneipen- und Barszene von New York erfreut.
Das sogenannte »Speakeasy« stammt aus der Prohibitionszeit in den 1920er-Jahren, in der der Besitz und Konsum von Alkohol strengstens verboten waren. Umso erfolgreicher gedieh der Ausschank hochprozentiger Tropfen in geheimen, illegalen Bars, den sogenannten Speakeasys. Da verboten, wurden sie nicht beschildert und waren notorisch schwer zu finden.
Das trifft auch auf viele moderne Speakeasys zu, die zumeist ebenfalls das dekadent-plüschige und dunkel-düstere Ambiente ihrer historischen Vorbilder übernommen haben – so als müssten sie bis heute die Anonymität der Gäste wahren.
Man kann es albern oder authentisch finden, wenn der Eingang als Spielwarenladen getarnt oder mit einem drehbaren Bücherregal kaschiert wird und Cocktails in Teetassen und Bierflaschen in Papiertüten ausgeschenkt werden: Im The Back Room (Lower East Side) war das immerhin schon vor 80 Jahren so; selbst die Öffnungszeiten dürften dieselben gewesen sein … Ein seltenes Original!
19.30-4 Uhr, 102 Norfolk Street, backroomnyc.com. Jeden Montag kostenloser Live-Jazz, dann wird am Eingang ein Passwort abgefragt, ohne das man nicht reinkommt. Sie finden es auf der Facebook-Seite der Bar. Freitag und Samstag beträgt das Mindestalter für den Einlass 25 Jahre, an Wochentagen Zutritt ab 21 Jahren.
Jazz im Wohnzimmer: Marjorie Eliots Salon
Jazz liegt Harlem im Blute, und man muss kein Vampir sein, um den Rhythmus der Stadt bei einem Jazzkonzert aufsaugen zu wollen.
Es gibt Dutzende hervorragende Jazzclubs in der Stadt, aber nur einen Jazz Salon (»Parlor«) und nur eine Marjorie Eliot. Die alte Dame, die hier singt und Klavier spielt, ist von Beruf Schriftstellerin, Schauspielerin und Pianistin und ein Urgestein der New Yorker Jazzszene. Seit 35 Jahren wohnt Marjorie in einem 14-stöckigen Wohnhaus im Norden Harlems, das »Triple Nickel« genannt wird und schon Jazzlegende Count Basies Zuhause war. An einem Sonntag im August 1994 öffnete sie zum ersten Mal die Tür zu ihrem schlichten Apartment 3 F, um zusammen mit Freunden ein privates Jazzkonzert zu geben – im Gedenken an ihre beiden verstorbenen Söhne.
Seitdem lädt die bescheidene Diva jeden Sonntag, 52 Wochen im Jahr, zum Jazz Salon, meist begleitet von ihrem Sohn, alten Freunden und neuen Talenten. Rund 50 Zuschauer nehmen dann auf Plastikstühlen in ihrem Wohnzimmer und dem langgezogenen engen Flur Platz, auch Stadtführer kommen mit kleinen Gruppen im Rahmen ihrer Jazztouren vorbei.
Die Grand Dame verlangt keinen Eintritt, obgleich sie in der Pause Erfrischungen anbietet und es eigentlich nötig hätte. Sie vertraut allein auf Spenden und hofft, dass die Mundpropaganda ihr noch lange Musikfreunde zutragen möge, damit sie aus ihrer Wohnung weiterhin einmal die Woche die Carnegie Hall für sich und ihre Musiker machen kann. Nicht nur in musikalischer Hinsicht ist dieser Sonntagnachmittag ein tolles, intimes Erlebnis.
Jeden Sonntag 16-18 Uhr (Einlass 15.30 Uhr), 555 Edgcombe Avenue/Ecke 160th Steet,
www.harlemonestop.com.
Stars von Morgen: Die Apollo Amateur Night
Casting-Shows haben auch in New York seit Jahren Hochkonjunktur, und Hand auf’s Herz – wer sich als Laie traut, sich mit anderen Hopefuls auf einer Bühne live zu messen, hat zumindest Eier in der Hose. Und meistens auch Talent. Unfassbar, wie viel davon in einer Stadt wie New York im Verborgenen schlummert und nur darauf wartet, entdeckt zu werden.
Dank der ironisch-witzigen Moderation des Gastgebers Jim Caruso und dessen heißen Draht in die Musikszene ist die montägliche Cast Party im Birdland Jazzclub fast immer ausgebucht. Auch für die berühmte Amateur Night im Apollo Theater am Mittwoch sollte man rechtzeitig reservieren.
By the way, als die Rolling Stones das erste Mal nach New York kamen, wollten sie nur eines sehen: das Apollo in Harlem, den legendären Geburtsort des Pop, wo die Weltkarrieren von Superstars wie Diana Ross, Michael Jackson, James Brown oder Stevie Wonder einst begannen. Inzwischen hat das ehrwürdige Haus etwas an Glanz verloren und ist vielleicht nicht mehr der Trendsetter unter den vielen Spielstätten der Stadt. Aber noch immer treten hier jede Woche Menschen vor ein Publikum, aus denen vielleicht einmal Größen des Showbiz werden könnten.
Jedenfalls geben alle ihr Bestes und werden von den Zuschauern dafür frenetisch gefeiert – weshalb dieses wöchentliche »Manhattan sucht den Superstar« auf historischer Bühne jede Woche wieder richtig Spaß macht!
Jim Caruso’s Cast Party, Montag 21.30 Uhr im Birdland, $ 25, birdlandjazz.com.
Apollo Amateur Night, Mittwoch 19.30 Uhr, ca. $ 30, www.apollotheater.org.
Ausflug ins Grüne: Mit der Fähre zur Govenors Island
Man hat bei dem Gedanken an New York sofort die Straßenschluchten, viele Autos und noch mehr Menschen vor Augen. Den Großstadtdschungel eben. Dabei vergisst man leicht, wie grün diese Stadt eigentlich ist. Und wenn das Wetter schön wird, drängt es alle hinaus: auf die bepflanzten Plätze, in den riesigen Central Park, zum urbanen High Line Park oder in die Grün- und Sportanlagen entlang der Ufer.
Immer beliebter wird auch der Ausflug auf die weit weniger bekannte Insel Govenors Island. Sie liegt nur sieben Fährminuten (South Ferry Terminal) vom Battery Park entfernt und ist eine Oase voller Rasenflächen, öffentlicher Skulpturen, verlassener historischer Militärgebäude und einer Strandbar (Gov’Nor’s Beach Club), in der regelmäßig Konzerte, Festivals und Partys stattfinden. Im September steigt die Art Fair, eine Kunstmesse in hundert Ausstellungsräumen mit Gemälden, Fotografien, Installationen, Videokunst und Sound Art. 2017 wird eine amerikanische Art des Biergartens eröffnen, die eigentlich eine Austernbar ist (Oyster Garden).
Das 70 ha große Eiland ist autofrei, kann aber gut mit dem Fahrrad erkundet werden. Wer einfach nur chillen will, findet Hängematten und Liegestühle oder bringte sein Badetuch mit. Dann kann man mit herrlichem Blick auf die Freiheitsstatue ein Sonnenbad nehmen. An den Wochenenden wird es meistens voll, aber wer unter der Woche und gleich morgens kommt, kann dem Großstadtdschungel erfolgreich für ein paar Stunden entfliehen – sofern man das überhaupt möchte …
Mai-1. Oktober, Mo-Fr 10-18 Uhr, Sa/So bis 19 Uhr, Fähre $ 2 ab 10 Uhr alle 30 Minuten, govisland.com.
Art Fair, www.4heads.org.