Ludwig Schlözer hatte einen Traum. Wenn die Ideen der Aufklärung richtig waren, musste es doch möglich sein, auch Frauen zu höherer Bildung zu befähigen. Als Versuchsobjekt diente ihm seine Tochter Dorothea. Sie lernte Plattdeutsch, mehrere Fremdsprachen, Mathematik und Naturwissenschaft sowie die Fertigkeiten einer künftigen Hausfrau. Dann begleitete sie ihren Vater auf einer Studienreise nach Rom. 1787 war es soweit: 17-jährig ging Dorothea Schlözer als erster weiblicher »Doktor der Philosophie« in Deutschland in die Geschichte ein. Freilich bestand sie in der akademischen Männerwelt mit »rite«, der schlechtesten Bewertung. Am Festakt durfte sie als unverheiratete Frau nicht teilnehmen …
Die Erfinderin des deutschen Doppelnamens
Doch im Zeitalter der Aufklärung geriet Frau Doktor zum Tagesgespräch, ihr Porträt wurde auf Jahrmärkten verhökert. Das alles hinderte sie nicht daran, 1792 in Lübeck eine gute Partie zu heiraten: den 15 Jahre älteren Patrizier und späteren Bürgermeister Rodde, mit dem sie eine Patchworkfamilie gründete (sie sollten drei gemeinsame Kinder haben, drei brachte er in die Ehe ein). Mit dem Emigranten Charles de Villers, einem französischen Offizier und Philosophen, legte sich die emanzipierte Frau einen Liebhaber zu und lebte fortan in einer Dreiecksbeziehung. Außerdem darf die gelehrte Dame als Erfinderin des deutschen Doppelnamens gelten – sie unterzeichnete ausschließlich mit Rodde-Schlözer. Eine besondere Ehre wurde ihr zuteil, als sie – wieder als erste Frau – an einer Sitzung des Pariser Nationalinstituts teilnehmen durfte.
Finanzieller und seelischer Zusammenbruch der Familie
Ab 1810 ging es mit der Familie steil bergab. Ihr Mann erlitt einen finanziellen und seelischen Zusammenbruch; sie zogen nach Göttingen, Dorotheas Geburtsstadt, um. In den Folgejahren starben zwei ihrer Kinder, das dritte zeigte Anzeichen einer Schwindsucht. Während eines Erholungsaufenthalts in Südfrankreich erlag Dr. Dorothea Rodde-Schlözer in Avignon 1825 einer Lungenentzündung.
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